SZenario:Ibsen, dieser harte Knochen

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Nach fast zwei Stunden Volkstheater-Premiere von Ibsens "Baumeister Solness" feiern Maximilian Brückner (li.) und Regisseur Christian Stückl im Foyer. (Foto: Robert Haas)

Maximilian Brückner brilliert in Christian Stückls Inszenierung des "Baumeister Solness" und genehmigt sich ein Bier

Von Thomas Becker

Fix und alle sieht er aus. Ein paar Jährchen älter als 38, ein paar Meter kleiner als 1,74 und überhaupt eher saft- und kraftlos. Kurzum: komplett anders als gerade eben noch auf der Volkstheaterbühne. Da hat Maximilian Brückner in Henrik Ibsens nicht gerade federleichtem Spätwerk "Baumeister Solness" einen üblen Unsympathen gegeben, einen veritablen Kotzbrocken, den man dem netten Kerl aus dem Chiemgau gar nicht so zutraut. Aber der Mann ist schließlich Schauspieler und als solcher nicht nur in lustigen Marcus-H.-Rosenmüller-Filmen unterwegs. Demnächst spielt der ehemalige Tatort-Kommissar in der BR-Serie "Hindafing" einen Crystal-Meth-süchtigen Bürgermeister - da war der Solness sicher eine gute Übung.

Allerdings eine ziemlich anstrengende, wenn man sich den Protagonisten auf der Premierenfeier so ansieht: Die Bierflasche in der Hand scheint tonnenschwer zu sein. 110 Minuten dauert die Aufführung, rund 100 davon steht Maxi Brückner auf der Bühne und dabei meist im Mittelpunkt. "Ein ganz schön langer Spannungsbogen. Ich bin dann schon froh, wenn ich mal kurz von der Bühne darf", erzählt er, "in ,Peer Gynt' stand ich allerdings dreieinhalb Stunden am Stück auf der Bühne. Und in der Pause bekam ich da auch noch einen Bart angeklebt. Dagegen ist das hier ja fast easy."

Was die reine Bühnenzeit angeht vielleicht schon, nicht aber, wenn es um die Intensität geht. "Ich hatte drei Tage lang so einen Knoten im Bauch", gibt Brückner zu, "in der Generalprobe war ich total schlecht, wollte nur noch runter von der Bühne. Aber so was darf dich nicht vereinnahmen, gerade bei so einem schweren Knochen wie Ibsen."

Dabei hat sein Leib-und-Magen-Theaterregisseur versucht, diesen Ibsen einzufangen, "heutiger zu gestalten", wie Christian Stückl sagt. Vor 16 Jahren hatte der Volkstheater-Chef den jungen Brückner an der Bayerischen Theaterakademie mal zur Sommerakademie für bairisches Volksschauspiel eingeladen, und seitdem hat Brückner am Theater unter keinem anderen Regisseur gespielt: den Franz Moor in "Die Räuber", den "Räuber Kneißl", "Peer Gynt", "Geierwally", "Jedermann" und natürlich den Boandlkramer im "Brandner Kaspar". Theater? Spiele ich nur beim Stückl! Erschöpft, aber glücklich stoßen die beiden schließlich mit einem Bier an, und Stückl fragt: "Am Anfang warst nervös, oder?" Darauf Brückner: "Naa, das waren keine Hänger. Ich bin bloß gesprungen im Text."

Am Schluss springt Solness ohne Text, der finale Knalleffekt. Ein saftiges Stück Bühnenkunst hat der Oberammergauer Stückl da mal wieder aufgetischt, Schauspieler-Theater halt, bei dem vor allem Brückner sich mit dem ganzen Körper austoben darf, auch mal mit runtergelassener Unterhose. Der "Solness" wird sein Publikum finden, keine Frage. Bei der Premiere gehörten Brückners Kollegen August Zirner und Alexander Duda dazu, Ex-Staatsminister Wolfgang Heubisch, "quer"-Moderator Christoph Süß, Schriftsteller Albert Ostermaier, Ernst-Hoferichter-Preisträger Michael Skasa und BR-Fernsehdirektor Reinhard Scolik. Gerade Letzterer wird sich freuen, was er sich da für eine Schauspielgranate gesichert hat. Denn Saft und Kraft wird er bald wieder haben, der Brückner Maxi.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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