SZenario:Gelber Helm über zusammengebissenen Zähnen

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Gastredner, Gasgeber und Gastgeber - Moderator Gerd Rubenbauer, Hermann Maier und Ispo-Chef Klaus Dittrich (von links). (Foto: Frommel Fotodesign)

Vom Jahrhundertcrash bis zum Doppelgold: Der ehemalige Skifahrer Hermann Maier wird auf der Ispo geehrt - und mit feinen Anekdoten beschrieben

Von Thomas Becker, München

Hermann Maier mag solche Termine nicht. Den schicken Anzug anlegen, den Zwölf-Tage-Bart richten, die geliebte Heimat Flachau verlassen, Interviews geben, vor zig Hundert Wildfremden auf eine riesige Bühne und ins Scheinwerferlicht gerufen werden, einen Pokal bekommen und auch noch eine Rede halten. Beim ISPO-VIP-Dinner kommt so einiges zusammen für einen öffentlichkeitsscheuen Menschen wie den Herminator.

Die Augen und Ohren von 350 sogenannten Entscheidern der Sportbranche sowie der Legendenkollegen Robby Naish (Surfen) und Stefan Glowacz (Bergsteigen) richten sich nach mariniertem Alpenlachs und Kaiserkalb samt Erdäpfel-Steinpilz-Guglhupf auf den einst besten Skifahrer der Welt, doch der kann sich zu keiner Grundsatzrede aufschwingen. Obwohl er alles versucht hat: "Ich war sogar extra im Wald. Aber mir is nix eingefallen."

Seit 1971 wird der ISPO-Pokal an herausragende Persönlichkeiten des Sports verliehen: Max Schmeling, Pelé, Reinhold Messner, Willi Bogner, Vitali Klitschko, Magdalena Neuner. Da passt er schon gut rein, der Hermann Maier. Dass er für Charakterstärke und Lebensmut ausgezeichnet wird, gefällt ihm: "Ich habe selbst immer die zum Vorbild gehabt, die sich zurückkämpfen. Ich bin sehr dankbar, dass ich meine Leidenschaft in diesem Sport so ausleben und mich immer weiter entwickeln konnte." Die Leidenschaft war ihm früher tatsächlich in jedem Rennen anzusehen, wenn oben im Starthaus wieder ein gelber Helm über zusammengebissenen Zähnen auftauchte.

Gerd Rubenbauer, der sich in seiner Laudatio vor Herminator-Schoten kaum retten kann ("13 Jahre mit dem Hermann ersetzen 200 Jahre Ehe"), bringt es in einer Szene auf den Punkt: "Einmal war ich in einer Wirtschaft, wo während des Skirennens gelabert und Weißbier getrunken wurde - bis es plötzlich hieß: ,Seid's stad, jetzt kommt der Maier!' In Sekundenbruchteilen war es mucksmäuschenstill in der Wirtschaft. Das sagt eigentlich alles."

Fast alles, also womöglich einen Tick zu viel, erzählt Rubenbauer über die "Sagengestalt des alpinen Skilaufs", wie er nach dem Jahrhundert-Crash und anschließendem Doppel-Gold bei Olympia 1998 in Nagano genannt wurde. Die Anekdote von Maiers erstem Weltcupsieg auf der Kandahar in Garmisch ist allerdings schon schön: Rubenbauer stand auf der Zuschauertribüne beim Maier-Fanclub mit der berühmt gewordenen pinkfarbenen Sau, als einer der Fans zu heulen begann. "Der Hermann ist doch unser Mittelstürmer", schluchzte der Fan, "unser Kopfballungeheuer, der Hrubesch von Flachau. Jetzt brauchen wir 'nen Neuen, weil der Hermann wird ja jetzt Skifahrer, der Depp." Da muss er grinsen, der Ex-Hrubesch. Wer seinen Kindern das Skifahren beibringt, verrät er dann auch noch: "Das sollen die Großmütter machen. Die haben die Geduld. Aber es gibt ja noch andere Sportarten. Sollen's halt Schlittenfahren."

© SZ vom 09.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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