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Wie Edmund Stoiber am Ende doch noch eine Rede zur Ausstellung über Franz Josef Strauß im Stadtmuseum hielt

Von Peter Fahrenholz

Irgendwie war für einen kurzen Moment alles so wie früher, und deswegen braucht diese Geschichte eine chronologische Ordnung. Donnerstag, 18.45 Uhr: Das Foyer im Stadtmuseum ist schon ziemlich voll, nur auf den reservierten Ehrenplätzen klaffen noch Lücken. Die Eröffnung der Ausstellung "Franz Josef Strauß - die Macht der Bilder" lockt viele Interessenten an. Am Schluss werden sich annähernd 400 Menschen in dem viel zu engen Saal, der eigentlich gar kein richtiger Saal ist, drängeln. Münchens zweiter Bürgermeister Josef Schmid (CSU) wird später in seinem Grußwort sagen, wie gut es doch sei, dass die Stadt eine Renovierung des Stadtmuseums beschlossen habe. Denn danach wird dort mehr Platz sein. Schmid ist übrigens schon früh da. Vom eigentlichen Festredner Edmund Stoiber fehlt indes jede Spur. Aber das ist noch nicht weiter beunruhigend. Auch während seiner aktiven Zeit war Stoiber nie vor Beginn eines Termins da, es ging eher um die Frage, um wie viel er zu spät kommen würde.

18.55 Uhr: Die Ehrenplätze füllen sich, die Strauß-Söhne Max und Franz Georg sind da, viele alte Kämpen aus der Strauß-Zeit sitzen in den ersten Reihen. Edmund Stoiber ist noch nicht da. 19 Uhr: Die Veranstaltung sollte jetzt beginnen. Edmund Stoiber fehlt noch immer. 19.05 Uhr: Bei den Veranstaltern und der Politprominenz macht sich leichte Nervosität breit. Edmund Stoiber ist immer noch nicht da. Und viele der zumeist nicht mehr jugendlichen Gäste müssen stehen, die Stühle reichen nicht für alle aus. 19.06 Uhr: Josef Schmid raunt Ursula Männle, der Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, zu: "Ich habe ihm eine SMS geschrieben."

19.07 Uhr: Ursula Männle hat Stoiber am Telefon erreicht. Bayerns ehemaliger Ministerpräsident ist schon ganz in der Nähe, hat aber offenbar leichte Orientierungsschwierigkeiten. "Wo die Synagoge ist, weißt ja, da gehst jetzt gegenüber in den Hof rein", hört man Männle sagen. "Wenn er jetzt richtig geht, kommt er durch den Hof rein", sagt Männle zu ihren Mitarbeitern. Vorsichtshalber werden Emissäre zu beiden Eingängen geschickt. 19.08 Uhr: Stoiber kommt durch den Haupteingang und kämpft sich durchs Getümmel nach vorne durch. Mit federndem Schritt stürmt er auf Männle und Schmid zu. "Mei, da kommt man ja mit dem Auto nicht her", sagt er. Es fällt einem das alte Zitat von Winston Churchill ein, der auf die Frage, was ihm denn nach dem Ende seiner Amtszeit am meisten gefehlt habe, erst lange überlegt und dann geantwortet hat: "Transportation."

Nach der Begrüßung durch Stadtmuseums-Vize Florian Dering ist Schmid mit dem Grußwort an der Reihe. Man hatte festgelegt, sich kurz zu fassen. Wenn Stoiber das Wort ergreift, kann schließlich keiner wissen, wann er es wieder hergibt. 19.25 Uhr: Stoiber geht ans Rednerpult. Spätestens jetzt weiß man: Nichts ist mehr wie früher. Er hält eine lockere, witzige, selbstironische Rede über Strauß und dessen Verhältnis zu Bildern. Wer weiß, ob der Mann nicht noch im Amt wäre, wenn er schon immer so gut drauf gewesen wäre. 19.42 Uhr: Stoiber ist fertig. Früher hätte er sich da gerade erst warmgeredet.

© SZ vom 25.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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