SZ-Verkehrsparlament:Viele Wege, ein Ziel

Ob Batterie, Wasserstoff oder doch das Erdgas: Was die Autos der Zukunft antreibt, kann niemand zuverlässig vorhersagen

Von Marco Völklein

Eine Reduzierung des Energieverbrauchs gegenüber 2005 um etwa zehn Prozent bis zum Jahr 2020, ein Rückgang um etwa 40 Prozent bis zum Jahr 2050 - die Ziele, die die Bundesregierung zur Bekämpfung des Klimawandels dem Verkehrssektor gesetzt hat, sind "gigantisch", sagte Ulrich Wagner, Professor für Energiewirtschaft und Anwendungstechnik an der TU München, gleich zu Beginn der Veranstaltung. Umso mehr müssten sich Politik, Wirtschaft und Verbraucher anstrengen, um mit einem "zeitlich gestuften Plan" die Ziele zu erreichen. Dabei müsse man auf heutige Energieträger, etwa auf Benzin und auf Diesel, zumindest eine gewisse Zeit lang noch zurückgreifen - parallel dazu aber dringend neue Ansätze entwickeln.

"Was treibt uns morgen an?" - dieser Frage ging das Verkehrsparlament der Süddeutschen Zeitung am Dienstagabend nach. Norbert Barthle, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, sah "den größten Hebel" für eine umweltverträgliche Mobilität in der Elektrifizierung. Ob Elektroautos in Zukunft aber die Energie aus einer Batterie ziehen, oder aber zuvor getankter Wasserstoff per Brennstoffzelle in Strom umgewandelt wird und so den E-Motor speist - darauf wusste der CDU-Politiker keine Antwort. "Niemand kann vorhersagen, wohin die Entwicklung geht." Deshalb fördere der Bund sowohl den Bau von Ladesäulen wie den Aufbau von Wasserstoff-Tankstellen.

Ähnlich zweigleisig ist BMW unterwegs. Mit dem Kleinwagen i3 habe der Münchner Autobauer bei den Batteriefahrzeugen vorgelegt, erklärte Anne Kleczka, Leiterin des BMW-Brennstoffzellen-Projekts. In der ersten Hälfte der 2020er Jahre werde das Unternehmen dann auch ein Serien-Wasserstofffahrzeug auf den Markt bringen. Beide Ansätze zu verfolgen, sei sinnvoll, sagte Kleczka: Die eher kleineren, Batterie-getriebenen Stromer seien für kurze Strecken und im Stadtverkehr sinnvoll, der Wasserstoff-Antrieb eigne sich für größere Autos, die auf langen Strecken Kilometer fressen. Kleczka glaubt: "Die Kunden werden entscheiden, welche Antriebsart zu ihren Nutzungsanforderungen passt."

Noch allerdings, das räumte auch die Entwicklerin ein, gibt es unter anderem zu wenig Wasserstoff-Zapfsäulen. In München existierte bis vor kurzem eine öffentliche Wasserstoff-Tankstelle in der Detmoldstraße; Mitte Januar eröffnete der Gaskonzern Linde eine weitere in Unterschleißheim. Weil die aber auf dem Firmengelände liegt, ist sie nur montags bis freitags geöffnet. Daher lasse sich auch BMW - anders als Hersteller aus Japan sowie Korea - mit seinem Wasserstoffauto Zeit, so Kleczka: "Das Kundenerlebnis muss von Anfang an positiv sein." Schlecht wäre es, wenn ein Käufer mit seinem neuen Brennstoffzellen-BMW lange nach einer Möglichkeit zum Auftanken suchen müsste.

Deutlich weiter und ausgereifter sei da doch die Technologie der Erdgas-Autos, betonte Nikolaus Dezasse, ehemals verkehrspolitischer Sprecher des ADAC Südbayern. Ein CNG-Auto (das Kürzel steht für "Compressed Natural Gas") stoße weniger CO2, weniger Stickstoffdioxid und kaum Rußpartikel aus. "Die Fahrzeuge sind da", sagte Dezasse: Sie seien bezahlbar, reichweitenstark und ließen sich an einem vergleichsweise dichten Zapfsäulennetz so kinderleicht wie ein Benziner auftanken. Politik und Hersteller hätten aber "total versagt" - und es nicht geschafft, diese Antriebsart zu bewerben. Wer im Autohaus nach einem CNG-Wagen frage, der erhalte die Antwort: "Erdgas ist zum Kochen da."

Das wollte Barthle so nicht stehen lassen. Die Regierung fördere auch Gasantriebe, so werde derzeit in Berlin ein Beihilfeprogramm für mit Autogas betriebene Lkw erarbeitet. Zudem soll entlang großer Güterverkehrstrassen ein Netz an Autogas-Tankstellen entstehen, an dem außerdem Binnenschiffe ihre Tanks auffüllen können. Auch die müssten umsteigen, so Barthle. "Auch an die muss man denken." TU-Forscher Wagner plädierte dafür, verschiedene Verkehrsträger besser zu vernetzen - und die Buchung etwa von elektrisch betriebenen Carsharing-Autos so zu gestalten, dass auch Ältere sie nutzen. Vor Jahren hatte Kanzlerin Merkel als Ziel genannt, bis 2020 eine Million E-Autos auf deutschen Straßen zu haben. Besser wäre es gewesen, so Wagner, wenn sie gesagt hätte: zehn oder 20 Prozent der Verkehrsleistung werden dann elektrisch erbracht. "So hätte man eine realistische Chance gehabt, dieses Ziel zu erreichen."

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