SZ-Serie: Unbezahlbar schön:Dicht besiedelt - und doch grün

Höhenkirchen, France Mobil am Gymnasium Gymnasium Ottobrunn, Foto: Angelika Bardehle

Supermarkt in der Cincinnatistraße 65 im Fasangarten: Experten fordern, solch riesige Parkplatz-Flächen besser zu strukturieren.

(Foto: Angelika Bardehle)

Was hat noch Platz in München - und wo? Was kommt zu kurz? Beim SZ-Forum zur Gentrifizierung gibt es verschiedene Vorschläge, wie sich die Stadt entwickeln soll. Eine Einordnung

Von Jakob Pontius und Alfred Dürr

Beim SZ-Forum am Mittwoch wurde die Gentrifizierung in der Stadt kontrovers diskutiert. Nicht alle Fragen, die Podiumsgäste und Besucher beschäftigten, konnten im Laufe des Abends beantwortet werden. Vier Themen und ihre Hintergründe, für deren Vertiefung beim Forum die Zeit fehlte, beleuchtet die SZ an dieser Stelle noch einmal.

Wie dicht besiedelt ist die Stadt?

Der designierte Intendant der Münchner Kammerspiele, Matthias Lilienthal, und Stadtbaurätin Elisabeth Merk verteidigten die Nachverdichtung der Stadt: Man müsse die Relationen im Blick behalten. Merk zufolge wüssten viele die Urbanität von Städten wie Paris zu schätzen, wollten in München aber wie auf dem Dorf leben. Laut dem Statistischen Bundesamt leben in München im Mittel 4531 Einwohner pro Quadratkilometer, in Paris sind es mehr als 21 000 Menschen. In Deutschland aber führt München die Liste der am dichtesten besiedelten Kommunen an, gefolgt von Berlin mit einem Dichtewert von 3838. Auch der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsfläche an der Gesamtfläche ist in München mit 75 Prozent am höchsten. Allerdings schneidet die Landeshauptstadt auch bei Erholungs- und Grünflächen gut ab: Deren Anteil liegt bei 11,4 Prozent. Unter den Millionenstädten kann das nur Berlin toppen (12 Prozent), Hamburg hat einen Anteil von 7,8 Prozent Erholungsfläche, Köln immerhin 10,6 Prozent. In Industriegebieten ist der Wert teils noch deutlich niedriger, Dortmund etwa kommt auf 5,0 Prozent Erholungsfläche.

Spielräume für Neubau-Pläne?

Die wachsende Metropole braucht mehr Wohnungen, aber auch Gewerbeflächen, um die Qualität des Standortes zu erhalten. Im Hinblick auf immer knapper werdendes Bauland schlägt Stadtbaurätin Elisabeth Merk vor, die vorhandenen Potenziale intelligenter zu nutzen, zum Beispiel durch eine Überbauung großer Parkplatz-Flächen vor Einkaufszentren. Man brauche nicht nur Nachverdichtung bei den Wohnungen, sondern auch bei den Gewerbeflächen. Das ist ein neuer Ansatz in der Stadtplanung. Konkrete Beispiele, wo und wie das geschehen könnte, gibt es allerdings noch nicht. Ein interessantes Vorbild könnte das Konzept für den Ausbau des BMW-Forschungszentrums FIZ im Münchner Norden sein. Dort sollen in den kommenden Jahrzehnten bis zu 15 000 neue Arbeitsplätze entstehen - mit einer Architektur der kurzen Wege, die sich gut in den umgebenden Stadtteil einfügt.

Warum Werbung für München?

Wenn Firmen nach München kommen, brauchen sie nicht nur Platz, die Mitarbeiter benötigen auch Wohnungen. Bürgermeister Josef Schmid (CSU) warnt davor, bei der Flächenvergabe Wohnungen gegen das Gewerbe auszuspielen. Die Stadt ist zwar froh, wenn große Unternehmen ihren Sitz hierher verlegen, aber sie legt es nicht darauf an, Firmen nach München zu holen. Im Mittelpunkt steht die Unterstützung von ansässigen Handwerks- und Produktionsbetrieben. Die Nachfrage ist enorm: Im vergangenen Jahr meldeten 250 Firmen ihren Bedarf nach Flächen an. Oft werden frei werdende Gewerbeareale für den Wohnungsbau genutzt. Die Stadt will nicht, dass Betriebe die Stadt verlassen müssen, denn das hätte Auswirkungen auf die Arbeitsplätze und die Versorgung der Bevölkerung. Außerdem würde der Verkehr zunehmen.

Und wo bleiben die Künstler?

Matthias Lilienthal habe Recht, wenn er fehlenden Platz für Kulturschaffende beklagt, sagt die Münchner Künstlerin Lucia Dellefant. Im Gegensatz zu anderen Großstädten gebe es hier keine Industriebrachen, die man bespielen könne. Die Stadt bemühe sich zwar, Atelierhäuser zu bauen und "Künstlern beim Laufenlernen zu helfen", so Dellefant. Aber nach der meist fünfjährigen Förderung auf eigenen Beinen zu stehen, sei für die wenigsten realistisch, weil München einfach zu teuer sei. Und das verhindere eine innovative Subkultur, wie sie Berlin auszeichne. Kulturreferent Hans-Georg Küppers sieht die Situation eher als Herausforderung und versichert: Experimentierfelder für Kunstschaffende müsse es weiterhin geben. Er fordert, die Stadtplanung solle Kunst und Kultur bereits in der Konzeption neuer Viertel stärker einbeziehen.

Am Montag lesen Sie die nächste Serienfolge: alternative Wohnprojekte in München.

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