SZ-Serie: Juden in München:Literarischer Salon für die Hochkultur

Der Jurist und Theaterkritiker Max Bernstein und seine Frau Elsa empfangen die führenden Köpfe ihrer Zeit

Von Wolfgang Görl

Wer hier eingeladen wird, der gehört in München dazu - das weiß auch Thomas Mann. An seinen Bruder Heinrich schreibt er am 27. Februar 1904: "Ich bin gesellschaftlich eingeführt, bei Bernsteins, bei Pringsheims. Pringsheims sind ein Erlebnis, das mich ausfüllt. Tiergarten mit echter Kultur." Ein Jahr später wird er die Pringsheim-Tochter Katia ehelichen - "ein Geschöpf, das durch sein bloßes Dasein die kulturelle Thätigkeit von 15 Schriftstellern oder 30 Malern aufwiegt", schwärmt er in besagtem Brief. Mit dieser Eroberung gehört der junge Schriftsteller vollends zum erlesensten Kreis der Münchner Gesellschaft. Im Palais der jüdischen Familie Pringsheim gehen die angesehensten Künstler und Wissenschaftler ein und aus, es ist ein geistiges Zentrum der Stadt. Die Bernsteins stehen ihnen an Glanz, Bildung und kultivierter Lebensart in nichts nach. Auch sie haben jüdische Wurzeln. Thomas Mann hält dies für bemerkenswert, als er seinem Bruder über die Pringsheims und Bernsteins berichtet: "Kein Gedanke an Judenthum kommt auf, diesen Leuten gegenüber, man spürt nichts als Kultur." Der Satz hat einen unangenehmen Nachhall. Klingt wie: Sind Juden, aber dennoch kultiviert.

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