SZ-LESERCAFÉ:Immer noch nicht aufs Gleis gesetzt

Im Bezirksausschuss Sendling-Westpark bezweifelt man, dass der Stadtrat noch vor der Sommerpause die von manchen ersehnte, von anderen verteufelte Tram-Westtangente beschließt

Von Berthold Neff

Sie soll knapp neun Kilometer lang werden und im Münchner Westen vom Norden in den Süden fünf Stadtviertel miteinander verbinden: die geplante Tram-Westtangente ist wichtiger Bestandteil des vom Stadtrat beschlossenen Nahverkehrsplans. Seit Jahren schon wird dieses Vorhaben entlang der Trasse, die vom Romanplatz in Nymphenburg bis zum U-Bahnhof Aidenbachstraße in Obersendling führen soll, lebhaft diskutiert. Das war auch beim SZ-Lesercafé nicht anders, zu dem die Stadtviertel-Redaktion vor gut zwei Wochen in Aumüllers Brotfabrik an der Obersendlinger Kistlerhofstraße geladen hatte.

"Das wäre ein Meilenstein für den öffentlichen Personennahverkehr", lobte zum Beispiel Ottmar Klotz das Projekt. Er engagiert sich, so wie auch seine Frau Ulla, seit vielen Jahren bei der Umweltinitiative Agenda 21 in Hadern. Die beiden wohnen zwar in Sendling-Westpark, aber ihre Enkelkinder besuchen Schulen in der Fürstenrieder Straße. Durch deren gesamte Länge soll die neue Tram-Trasse führen und das vor allem spaltet die Gemüter. Die einen befürchten, dass der Stau auf dieser Hauptverkehrsstraße noch schlimmer wird, wenn die Tram den Autos Platz wegnimmt.

Wilfried Jehle aus Hadern gehört zu dieser Fraktion. Auch er war gekommen, um den SZ-Redakteuren seine Sicht der Dinge zu erläutern. Seine Argumente hatte er fein säuberlich aufgeschrieben und in einer Mappe mitgebracht. Er findet, wie auch fast die gesamte CSU entlang der Trasse, dass es hinausgeschmissenes Geld sei, die Straßen aufzureißen und Kreuzungen umzubauen, um Tramgleise zu verlegen. Es wäre viel sinnvoller, den gut funktionierenden Busverkehr mit besseren Taktzeiten attraktiver zu machen.

Kennzeichen gepixelt

Zankapfel: Drei Spuren haben die Autofahrer in der Fürstenrieder Straße bisher in jede Richtung zur Verfügung. Wenn je eine Spur für die Trambahn wegfällt, wird es noch öfter Stau geben als bisher, da sind sich die Kritiker der Westtangente absolut sicher.

(Foto: Florian Peljak)

Unabhängig davon, ob die Leser für oder gegen die Tram-Tangente sind - sie fragen sich vor allem, was der Sachstand ist und wie es nun weitergeht. Das fragt sich auch Günter Keller (SPD), der Vorsitzende des Bezirksausschusses Sendling-Westpark. Eigentlich, so berichtete er, sollte der Trassierungsbeschluss nach der bereits erfolgten Anhörung in den Bezirksausschüssen von Neuhausen-Nymphenburg, Hadern, Sendling-Westpark sowie von Thalkirchen-Obersendling-Forstenried-Fürstenried-Solln noch vor der Sommerpause im Stadtrat diskutiert werden.

Das wird aber, so Kellers Eindruck, nicht mehr klappen. Er hat sich deshalb am 6. Juni in einem Schreiben an Bürgermeister Josef Schmid (CSU) - der als Referent für Arbeit und Wirtschaft auch für die Stadtwerke zuständig ist - erkundigt, wann es denn soweit sein könnte. Beabsichtigt war, das vor der Sommerpause zu schaffen, doch dies sei wohl nicht mehr erreichbar. Keller: "Ein Blick in den Kalender zeigt, dass dieses Ziel wohl leider nicht erreicht wird." Er bittet Schmid deshalb, "uns die Gründe dafür darzulegen, damit wir im Bezirksausschuss in der Lage sind, den Bürgerinnen und Bürgern, die aufgrund des Stadtratsbeschlusses entsprechende Erwartungen haben, den Hintergrund zu erläutern".

Der Stadtrat hat sich Mitte Dezember 2016 mit großer Mehrheit für die Tangente ausgesprochen. Lediglich fünf CSU-Stadträte aus den Vierteln entlang der Neubaustrecke stimmten dagegen, vor allem deswegen, weil sie Einschnitte für die Autofahrer befürchteten. Johann Stadler (CSU), Stadtrat und zugleich Vorsitzender des Haderner Bezirksausschusses, ist einer davon. Auch er war ins SZ-Lesercafé gekommen und erläuterte, warum er nach wie vor gegen das Projekt ist. Stadler sagte, durch die vielen von der CSU geäußerten Bedenken sei es gelungen, die Einschnitte für die Autofahrer vor allem an den Kreuzungen entlang der Strecke zu verringern.

SZ-LESERCAFÉ: Zukunftsmusik: So soll der Raum für rollende und parkende Autos sowie die neue Straßenbahn aufgeteilt werden.

Zukunftsmusik: So soll der Raum für rollende und parkende Autos sowie die neue Straßenbahn aufgeteilt werden.

(Foto: Münchner Verkehrsgesellschaft)

Aber, so das Argument von SZ-Leserin Pauline Mayr, könne man die Tramstrecke denn bauen, wenn nicht gleichzeitig auch die neue Umweltverbundröhre unter dem S-Bahnhof Laim fertig wird? Geht im Prinzip schon, antwortete ihr Günter Keller, denn vor und nach dem Tunnel unter der S-Bahn müssten ohnehin Wendeschleifen eingeplant werden. Es sei also denkbar, dass die Trambahn zunächst auch nur auf Teilen der neuen Strecke verkehre - bis auch die Röhre fertig sei. Mit deren Bau soll im Herbst 2018 begonnen werden.

Bisher hat Günter Keller nicht erfahren, wie lange es noch dauern wird, bis der Stadtrat sich abschließend mit dem Vorhaben befasst und - falls alle damit zufrieden sind - die Stadtwerke bei der Regierung von Oberbayern den Antrag auf Planfeststellung stellen können. Auf seinen Brandbrief an Wirtschaftsreferent Josef Schmid hat Keller noch keine Antwort erhalten.

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