SZ-Adventskalender:"Er hat schon einiges durchgemacht"

Auf engstem Raum leben Sybille K. und Rafael W. mit ihren vier Kindern in einer viel zu kleinen Wohnung zusammen.

Auf engstem Raum leben Sybille K. und Rafael W. mit ihren vier Kindern in einer viel zu kleinen Wohnung zusammen.

(Foto: Robert Haas)

Mit einem Kaiserschnitt kam Nico in der 27. Schwangerschaftswoche zur Welt und musste viele Wochen künstlich beatmet werden. Ein Monitor dient dazu, seine Vitalfunktionen zu überwachen. Seine Familie lebt zu sechst auf 42 Quadratmetern und hofft seit Jahren auf eine größere Wohnung.

Von Florian Fuchs

Über dieses Bild, das im Krankenhaus kurz nach der Geburt von Nico entstanden ist, staunt Sybille K. selbst noch immer. Dabei hat die 24-Jährige eigentlich Erfahrung mit Frühchen, auch ihr erster Sohn Leon kam sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin zur Welt. Bei Nico war es noch früher, die Ärzte setzten den Kaiserschnitt in der 27. Schwangerschaftswoche an: Nico hatte 870 Gramm, ein winziger Knirps. "Ich lag nach der Geburt lange in meinem Bett und wusste nicht, ob er überlebt", sagt K. Er hat überlebt, und dann kam der Moment, der auf dem Foto festgehalten ist: K. streckte ihrem Sohn den Daumen hin, er packte zu, mit der ganzen Hand. Alle fünf Finger zusammen waren so groß wie der Daumennagel der Mutter.

Nico durfte das Krankenhaus inzwischen verlassen, er liegt im Arm seiner Mutter auf dem kleinen Sofa im Wohnzimmer und schlummert. Am 3. August ist er auf die Welt gekommen, der eigentliche Geburtstermin wäre der 8. November gewesen. Viele Wochen musste Nico künstlich beatmet werden, die Fotos mit dem Schlauch, der in der Nase ihres Sohnes steckt, hat K. ebenfalls aufgehoben. Aber das war nicht das einzige Problem, das der Säugling zu überstehen hatte. Im Krankenhaus fing er sich einen Magen-Darm-Virus ein und bekam fürchterlichen Durchfall, wo er doch ohnehin schon so schwach war. Und dann hatte er auch noch Leistenbrüche, auf beiden Seiten. Der Darm war deshalb schon in den Hoden gerutscht, die Ärzte mussten Nico operieren. "Er hat schon einiges durchgemacht", sagt K., und wiegt ihren Sohn tiefer in den Schlaf.

Die meiste Zeit muss die Mutter ihr Kind an ein Gerät mit einem Monitor anschließen, der ständig die Vitalfunktionen überwacht. Die Wiege mit dem Monitor steht gleich neben dem Sofa im Wohnzimmer, das gleichzeitig die Küche ist und irgendwie auch der Waschraum - neben der Spüle steht eine Waschmaschine, seit kurzem ist auch ein Trockner da, den die Familie geschenkt bekommen hat. Neben Sybille K., ihrem Partner Rafael W. und ihren Söhnen Nico und Leon, der unter Entwicklungsverzögerungen leidet und hohen Förderbedarf hat, leben in der 42 Quadratmeter großen Wohnung auch noch die beiden Töchter Coco und Fiona. Die Mädchen und Leon schlafen zusammen in dem zweiten Raum der kleinen Wohnung, der Boden in dem Zimmer ist fast komplett mit Matratzen ausgelegt. "Seit fünf Jahren suchen wir eine größere Wohnung", sagt K. "Aber wir kriegen einfach keine." Rafael W. arbeitet hart als Umzugshelfer, Sybille K. hat zu Hause alle Hände voll zu tun - bei den Mieten in dieser Stadt ist die Suche nach einer Bleibe mit mehr Platz schwierig für die Familie.

Problematisch ist das nicht nur, weil Nico als Frühchen sehr infektionsanfällig ist und die Gefahr bei vielen Menschen in einem kleinen Raum steigt. "Die Mädchen kriegen sich auch öfter mal in die Haare, weil sie keine Rückzugsmöglichkeit haben." Und Sybille K. wie auch ihr Mann können sich gar nicht erinnern, wann sie auf dem Sofa im Wohnzimmer zuletzt durchgeschlafen haben. Sie hoffen, jetzt dann endlich einmal Glück zu haben mit ihrer Suche. Ein eigenes Schlafzimmer und mehr Zimmer für die Kinder, das würde die Familie sehr entlasten, sagt K. "Und ich träume von einer Küche, bei der ich die Türe schließen kann."

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