Studie:Münchner behaupten, Bio zu kaufen

Studie zum Einkaufsverhalten bei Bio-Lebensmitteln

Bei Eiern und Gemüse ist der Anteil der verkauften Bio-Produkte am höchsten: Er liegt bei 9,7 und 5,8 Prozent.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Die Andechser Molkerei hat eine Studie über den Konsum von Bio-Produkten in Auftrag gegeben.
  • Demnach konsumiert die Bevölkerung in München und Umland viele regionale und Bio-Lebensmittel.
  • Allerdings decken sich diese Ergebnisse nicht mit den Absatzzahlen der Bio-Hersteller.

Von Franz Kotteder

München ist eine Bio-Stadt: 93 Prozent aller Einwohner in Stadt und Landkreis zwischen 18 und 69 Jahren kaufen gelegentlich, regelmäßig oder ausschließlich biologisch erzeugte Lebensmittel. Das ist das Ergebnis einer Studie, die von dem Nürnberger Marktforschungsinstitut Icon Added Value für die Andechser Molkerei erstellt wurde. Am Dienstag wurde sie nun der Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Studie beruht auf einer Online-Umfrage unter 1028 repräsentativ ausgewählten Münchnern in Stadt und Landkreis, zusätzlich wurden noch 500 Münchner in den Stadtvierteln ausgewählt, um auch dort ein repräsentatives Bild zu erhalten. Außer nach Bio-Lebensmitteln wurde nach der bevorzugten örtlichen Herkunft gefragt.

Studie: Der Konsum von Bio-Produkten in Prozent.

Der Konsum von Bio-Produkten in Prozent.

Jeweils zwei Prozent der Befragten kaufen ausschließlich Bio-Lebensmittel und solche aus der Region, regelmäßig tun das bei Bio-Produkten 41 Prozent und bei regionalen Lebensmitteln 49 Prozent. Als gelegentliche Biokunden bezeichnen sich 50 Prozent, Lebensmittel aus der Region kaufen vier Prozent. Daneben gibt es noch Bio-Totalverweigerer (sieben Prozent) und solche, die angeblich niemals Produkte aus der Region kaufen (zwei Prozent). Darunter verstehen die Befragten einen Umkreis von 101 Kilometer um ihren Wohnsitz. Knapp 80 Prozent der Befragten geben an, sie würden bevorzugt solche Bio-Lebensmittel kaufen, die aus diesem Umkreis stammen.

Warum Verbraucher zu Bio greifen

Als Gründe für den Kauf von Bio-Produkten nannten die Befragten der Studie die Natürlichkeit der Produkte (78 Prozent), die Unterstützung für artgerechte Tierhaltung (76 Prozent) sowie für nachhaltige Landwirtschaft (72 Prozent). Ähnliche Ergebnisse hatte vor einem Jahr bereits eine im Auftrag des Tollwood-Festivals erstellte Emnid-Umfrage unter 1001 Münchnern zu Fleisch aus artgerechter Haltung ergeben. Damals gaben gut zwei Drittel an, beim Einkauf auf Fleisch aus artgerechter Haltung zu achten. 75 Prozent wünschten sich damals sogar, dass die Stadt bei ihren Veranstaltungen - auch beim Oktoberfest - darauf achten sollte. In der neuen Studie wollen das um die 72 Prozent.

Der Stadtrat hat bereits 2006 einstimmig beschlossen, München solle zur Biostadt werden. Der Weg dorthin ist allerdings noch weit, auch wenn die meisten städtischen Kantinen inzwischen Fleisch aus überwiegend artgerechter Haltung beziehen. Auf dem Oktoberfest bieten 15 Prozent der Zelte und Buden Lebensmittel in Bio-Qualität an. Und auch große Unternehmen wie BMW setzen auf Fleisch aus der Region. Biofleisch gibt es laut Martin Straubinger, Leiter der BMW-Betriebsgastronomie, nur deshalb nicht, "weil wir das in dieser Menge gar nicht bekommen". BMW gibt täglich 25 000 Essen aus und verbraucht jährlich 260 Tonnen Fleisch.

Bei der Auswertung der Studie nach Stadtvierteln fällt auf: Je weiter das Viertel von der Agrarlandschaft entfernt ist, desto mehr Bio-Lebensmittel werden gekauft. Spitzenreiter ist dabei der Stadtteil Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt: Hier gaben 55 Prozent an, ausschließlich oder regelmäßig Bio-Lebensmittel zu kaufen. Gleich danach folgen die Maxvorstadt und Altstadt-Lehel (jeweils 54 Prozent) sowie Berg am Laim (53 Prozent). Die Schlusslichter sind Sendling (33 Prozent), Moosach (32 Prozent) und Aubing sowie Lochhausen-Langwied (30 Prozent). Insgesamt ergibt sich in der Stadt ein Anteil von 43 Prozent, im Landkreis von 45 Prozent.

Wie die Werte zu erklären sind

Barbara Scheitz, die Geschäftsführerin der Andechser Bio-Molkerei, erklärt sich diese hohen Werte zum einen durch die starke Kaufkraft im Großraum München, aber auch durch den leichteren Zugang: "In München gibt es halt ziemlich viele Bio-Märkte und Abteilungen für ökologisch erzeugte Lebensmittel in Verbraucher- und Supermärkten."

Die hohen Umfragewerte für biologisch erzeugte Lebensmittel, die in allen einschlägigen Untersuchungen ermittelt werden, stehen aber oft in krassem Widerspruch zum tatsächlichen Kaufverhalten. Bundesweit ist der Marktanteil der Öko-Lebensmittel noch immer verschwindend gering. Nach Angaben der Verbraucherschutzorganisation Foodwatch beträgt er nur knapp vier Prozent am gesamten Lebensmittelumsatz.

Besonders hoch ist der Marktanteil bei Eiern (9,7 Prozent), Gemüse und Mehl (jeweils 5,8 Prozent). Bei den Milchprodukten kommt die Trinkmilch auf 5,4 Prozent, Joghurt auf 4,5 Prozent und Butter auf 2,4 Prozent. Die Andechser Molkerei möchte die Werte verbessern: Mit der Studie habe man die Marktchancen erkunden wollen, so Scheitz. Jetzt starte man eine eigene Werbeaktion, um konventionelle Landwirte zur Umstellung zu bewegen. Die bisher 630 vertraglich gebundenen Biobauern seien zu wenig: "In den nächsten Jahren wollen wir auf die Zahl von 800 Zulieferern kommen."

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