Streit um Kunstwerk:Muli mit Maulkorb

Stündlich wiehert, schreit und stöhnt es in Westschwabing: Die animierte Maultier-Skulptur im Petuelpark ist ein Highlight für Kinder, doch Anwohner stören sich an der Bronzestatue. Jetzt wird ein Kompromiss gesucht.

Ellen Draxel

Viel Gepäck muss das Muli schleppen. Tüten, ein Lassoseil, sogar ein Skateboard hat sein Reiter ihm aufgebürdet. Da scheint es nur verständlich, dass das geplagte Tier ab und an mal meckert. So jede Stunde einmal, von morgens um neun bis abends um neun. Aus der Jukebox unter den Tüten tönen dann Geräusche wie von einem Esel, die Statue wiehert, schreit und stöhnt. Dann dreht sie sich zweimal im Kreis herum. 20 Sekunden dauert die stündliche Animation des bronzenen Maultiers im Petuelpark. Der Cowboy, der aussieht wie Lucky Luke persönlich, sitzt voll bepackt im Sattel und scheint den Spaß zu genießen.

Petuelpark in München, 2009

Die Kinder sind begeistert, doch Anwohner beschweren sich, weil die Statue stündlich Eselsschreie ertönen lässt.

(Foto: Robert Haas)

Das bunt bemalte Kunstwerk samt Geräuschkulisse ist für Kinder, zahlreiche Erwachsene und die Mitglieder des Bezirksausschusses Schwabing-West in den Sommermonaten von März bis Oktober ein Highlight, das sie nicht missen möchten. "Die Kleinen lieben das Tier, sie warten förmlich darauf, bis es wieder loslegt", erzählt ein Bürger. "Es ist ein Erlebnis für sie, wie das Glockenspiel am Marienplatz."

Ähnliches berichten andere Besucher. Und auch der Chef des Café Ludwig, dessen Terrasse genau auf das Maultier blickt, freut sich tagtäglich über viele leuchtende Kinderaugen. "Es kraxeln immer fünf oder sechs Mädchen und Jungs auf der Figur herum, sie warten regelrecht, bis das Tier wieder wiehert." Er selbst, sagt Christian Dengler, nehme das "Iaaahh" kaum mehr wahr.

Manche Anwohner aber stören sich an dem Geräuschpegel der Kunstfigur. 2008 bereits haben Dietmar Lindner und einige seiner Nachbarn aus der Klopstockstraße 6 sich über "das brüllende Ding" beim Baureferat per Unterschriftensammlung beschwert. Nichts passierte. Es folgte ein Schreiben, in dem das sofortige Abschalten der "Belästigung" gefordert wurde. Daraufhin kehrte Ruhe ein, und die Bewohner glaubten schon, Erfolg mit ihrem Protest gehabt zu haben. Doch schuld war lediglich ein technischer Defekt. Als das Kunstwerk diesen Sommer wieder zum Leben erwachte, wandten sich die Lärmgeplagten schließlich an den Bezirksausschuss. Aber auch das klappte erst beim zweiten Anlauf, denn das Gremium aus Schwabing-Freimann, bei dem die Beschwerde landete, ist für diesen Bereich nicht zuständig.

Die Westschwabinger indes zeigten wenig Verständnis für Lindners Problem. "Das Wiehern ist bestimmt nicht laut", meinte Ingrid Braunstorfinger (CSU), die mehrere Stunden vor dem Maultier ausgeharrt hatte. Jetzt soll ein Kompromiss Frieden stiften: Statt um 21 Uhr könnte der Eselsschrei künftig bereits um 20 Uhr das letzte Mal zu hören sein. Vorausgesetzt, die Künstlerin, der das Urheberrecht zusteht, und die Stadtverwaltung folgen dem Votum der Stadtteilvertreter.

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