Streit um ein Gelände im Münchner Norden:Ganz langer Draht

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Dichtes Gestrüpp findet sich auf dem Baugelände an der Mortonstraße. Dschungelartig verlaufen auch die Verhandlungen zwischen Bund und Stadt. (Foto: Peljak)

Dem Bund gehört ein Grundstück, die Stadt will darauf bauen: Das könnte so einfach sein. Ist es aber nicht

Von Dominik Hutter

Es war reiner Zufall, dass Dieter Reiter von dem Notartermin erfuhr: Am 26. August, so kam ihm zu Ohren, sollte der Kaufvertrag für die Baufelder zwei und drei der Mortonstraße im Münchner Norden unterzeichnet werden - ein Areal, auf dem die Stadt München gerne Sozialwohnungen bauen würde. Nur: Neu-Besitzer der bislang bundeseigenen Flächen sollte nicht etwa das städtische Kommunalreferat werden. Sondern ein privater Investor. Meistbietend verschachert. Der Oberbürgermeister schäumt, wenn er an die verpasste Chance denkt. München benötigt dringend Häuser mit bezahlbaren Mieten. Der Bund wie auch der Freistaat sind aber oft nicht zimperlich, wenn es darum geht, selbst aus den hohen Münchner Grundstückspreisen Kapital zu schlagen. Das war so bei den luxuriösen Lenbachgärten am Alten Botanischen Garten, es war so beim Verkauf der einst landesbankeigenen Wohnungsgesellschaft GBW. Und nun geht die Stadt auch am Harthof leer aus.

Ärgerlich findet Reiter aber nicht nur, dass sich Bund und Freistaat immer wieder aus der Verantwortung stehlen. Aus Sicht des SPD-Politikers hat die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) gegen ihre eigenen Richtlinien verstoßen. Die besagen seit 2015, dass der Bund den Kommunen für nicht mehr benötigte Grundstücke ein Vorkaufsrecht einräumen und sie für weniger als den gutachterlich ermittelten Verkehrswert abgeben kann - wenn dort sozialer Wohnungsbau entsteht. Die vom Haushaltsausschuss des Bundestags verabschiedete Regelung gilt allerdings "ausschließlich für Veräußerungsfälle, die am 24. September 2015 noch nicht notariell beurkundet waren".

Auf die Flächen an der Mortonstraße, an denen einst Reihenhäuser der bundeseigenen Wohnanlage München-Nord standen, trifft dies zweifellos zu, der Notartermin war ja erst im August 2016. Reiter bekam dennoch einen Korb. Auf einen in aller Eile am 25. August an Finanzstaatssekretär Jens Spahn verschickten Brief mit der Bitte um Aussetzung des Notartermins folgte ein Telefonat der beiden Politiker - mit offenbar ernüchterndem Inhalt. Der Termin fand statt. Am 1. September schickte Reiter erneut einen Brief nach Berlin, in dem er sich höflich für das Gespräch bedankte ("dessen Inhalt mich allerdings nicht erfreuen konnte") und zeitnah Details zu den weiteren Verhandlungen erbat. "Um zu vermeiden, dass die sinnvolle Bundesrichtlinie auch hier wieder ins Leere läuft", so der SPD-Politiker ziemlich verschnupft.

Die weiteren Verhandlungen - das betrifft die Nachbargrundstücke an der Mortonstraße. Der Bund hat immerhin zugesagt, in Zukunft an die Stadt München und die eigene Richtlinie zu denken. Bei den Baufeldern zwei und drei aber war nichts mehr zu retten. Diese Flächen seien bereits 2013 auf dem Immobilienmarkt zum Kauf angeboten worden, erklärte die Bima auf SZ-Anfrage. Damals galt die Richtlinie nur für frühere Militärflächen, also nicht für die bundeseigene Wohnanlage. Die Verhandlungen hätten sich dann so lange hingezogen, dass zwischendurch die Richtlinie geändert wurde, so die Bima. Um weiter ein verlässlicher Partner zu sein, habe man auf den Abbruch der weit fortgeschrittenen Gespräche mit dem privaten Investor verzichtet. Auf dem Gelände an der Mortonstraße sollen nun Mehrfamilienhäuser entstehen.

© SZ vom 13.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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