Streit um das Luxusbauprojekt "The Seven":Staub, Lärm und das gebrochene Wort

Werden die Anwohner vor Staub, Lärm, herabfallenden Bauteilen und Erschütterungen so gut geschützt, wie man es könnte? Verkrachte Geschäftsfreunde streiten rund um das Luxusbauprojekt "The Seven" über Entschädigungen.

Katja Riedel

"Der eine erregt den Staub, dem anderen fliegt er ins Auge." So lautet ein chinesisches Sprichwort, das auch in München gelten dürfte. Denn ganze Staubwolken sind es, die rund um die wohl teuersten Quadratmeter Deutschlands, im Bauprojekt "The Seven", dem ehemaligen Heizkraftwerk an der Müllerstraße 7, aufgewirbelt werden - im übertragenen wie im praktischen Sinne.

Streit um das Luxusbauprojekt "The Seven": "The Seven" an der Müllerstraße: Wo bald reiche Münchner einziehen, ist noch Baustelle.

"The Seven" an der Müllerstraße: Wo bald reiche Münchner einziehen, ist noch Baustelle.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

56,5 Meter ragt das, was bis Ende kommenden Jahres zum Luxus-Wohntraum werden soll, in den Himmel. Ein Turm der Superlative - fast 15 Millionen Euro soll ein künftiger Eigentümer allein für das 700-Quadratmeter-Penthouse im obersten Stockwerk hingeblättert haben. Die Nachbarn leiden aber nicht nur unter Bauschmutz und Lärm, der während Abbruch, Entkernung und Wiederauferstehung des Turms entsteht - sie befürchten vor allem, dass nun kräftig an der Preisschraube gedreht wird.

An ihre Spitze haben sich die Betreiber des Café Forum gestellt. Sie fühlen sich nicht ausreichend geschützt. Am Landgericht München I haben sie bereits im September Klage eingereicht. Der Streitwert, den das Gericht vorläufig festgesetzt hat: 203.467,42 Euro.

Der Hauptvorwurf: Auf Kosten der Nachbarschaft treibe man die Luxus-Baustelle voran, ohne Anwohner vor Staub, Lärm, herabfallenden Bauteilen und Erschütterungen so zu schützen, wie man es könnte. Es geht um fehlende Zäune, überschrittene Lärmpegel, Umsatzeinbußen bis zu acht Prozent und Extra-Schichten für die Reinigungskräfte.

Es geht aber auch um zwei Männer, die einander lange kennen. Einer, Jörg Scheufele, stand länger als zehn Jahre an der Spitze der Bayerischen Hausbau. Seit 2005 ist er Chef der alpha invest Projekt GmbH (aiP) und ihrer Tochterunternehmen. Die aiP ist, gemeinsam mit der Landesbank Baden-Württemberg, Bauträger von "The Seven".

Widersacher in dem Streit ist Martin Kolonko, Inhaber und Geschäftsführer diverser gut gehender Gastronomiebetriebe - neben dem "Forum", dem "Wirtshaus zur Brezn" und dem "M1" im BMW Museum betreibt er auch ein Restaurant im chinesischen Qingdao. Zwei Männer von Welt also, gewiefte Geschäftsleute. Um in Sachen "The Seven" als Zeuge aussagen zu können, lässt Kolonko derzeit sogar seinen Forum-Geschäftsführerposten ruhen. Denn wenn es um Scheufeles rentables Projekt geht, reklamiert Wirt Kolonko einen nicht unwesentlichen Anteil daran für sich: Er habe dem Investor beim Erwerb zweier Grundstücke an der Müller- und Corneliusstraße geholfen. Diese gehörten einem Anwalt und Nachbarn Kolonkos sowie dessen Schwester. Kolonko habe ihm von den lukrativen Bauplänen auf dem Nachbargrundstück erzählt und sei auf Interesse gestoßen, den Investor kennenlernen zu wollen.

Jedes Treffen abgesagt

Später habe Scheufele bei einer zufälligen Begegnung Kolonko gebeten, den Kontakt herzustellen. Scheufele habe damals gesagt: "Wenn das klappt, werden wir ganz außerordentliche Schutzmaßnahmen für Ihr Café vorsehen." Und zudem habe er in Aussicht gestellt, das Café Forum für das Catering während des Baus zu bevorzugen - was aber nur minimal geschah, im Umfang von etwa 7000 Euro Umsatz. So Kolonkos Version.

Scheufele will von einem solchen Deal nichts wissen. Die beiden Grundstücke kaufte er zwar, nach SZ-Informationen für etwa zwölf Millionen Euro. "Herr Kolonko hat auch den persönlichen Kontakt hergestellt, weil es charmanter war", sagt Scheufele. Doch den Namen der Besitzer hätte er spätestens mit dem Bauantrag für das Kraftwerk herausbekommen - auch ohne Hilfe des Wirtes.

Der behält sich dennoch weitere rechtliche Schritte vor. Jetzt geht es ihm erstmal um Kompensation für die Baustelle. Dass Kolonko für Lärm, Staub und die Folgen entschädigt werden solle, habe er nie in Abrede gestellt, sagt Scheufele. Die jetzt geforderten rund 200.000 Euro hält er aber für überzogen. Eine Pauschale in Höhe von 40.000 Euro sei ihm angeboten worden, sagt Kolonko - zu wenig, findet er. Verabredet hatten sich die Männer mehrmals, doch Scheufele sagte jedes Treffen ab. Kolonko hat dann keinen neuen Termin gesucht, sondern seine Anwälte mit der Klage beauftragt.

Was das für das Verhältnis der beiden bedeutet? "Als Geschäftsmann und Menschen schätze ich Herrn Kolonko sehr", sagt Scheufele. Kolonko sieht sich selbst auch als Geschäftsmann - für einen solchen wiege ein Handschlag nun einmal schwerer als ein 20-seitiger Vertrag. Und erst recht dessen Bruch.

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