Streit um Flüchtlingspolitik:Falscher Tonfall im Rathaus

CSU-Bürgermeister Josef Schmid vergaloppiert sich in der Flüchtlingsdebatte - da ist er allerdings nicht der Einzige im Rathaus.

Von Frank Müller

Da war Josef Schmid gerade noch erkennbar stolz darauf, seine Urlaubsstallwache im Rathaus als vorübergehend ranghöchster Bürgermeister unfallfrei über die Bühne gebracht zu haben - und dann ging es zum Ende hin doch gründlich schief: In einem Interview verknüpfte der CSU-Bürgermeister seinen dringenden Hilfsappell bei der Unterbringung von Flüchtlingen mit komplett falschen, ums Siebenfache überhöhten Zahlen. Das macht keinen richtig guten Eindruck, wenn man gleichzeitig die Hilfe ostdeutscher Kommunen einfordert.

Nun können einem schon einmal ein paar Zahlen in der Alltagshektik durcheinander geraten. Das soll nicht nur Politikern passieren, sondern zum Beispiel auch Journalisten. Nicht nur deswegen wäre es hilfreich, wenn überhaupt weniger Zahlen in der Flüchtlingspolitik durch die Gegend trompetet würden.

Die Lage hat sich nicht geändert, aber der Tonfall

Der täglich vermeldete Höchststand bei den Neuankünften, das regelmäßige Übertreffen gerade erst nach oben korrigierter Prognosen - es sind Zahlenspiele, die nirgendwo hinführen. Im Grunde nämlich hat sich die Asyl-Lage in München nicht verändert. Es gibt eine Herausforderung, sie muss gelöst werden.

Was sich aber sehr wohl verändert hat, ist der schrille Tonfall, der einem aus der Rathauskoalition entgegendröhnt. Das ist nicht nur ein Problem im Fall Josef Schmid. Auch SPD-Fraktionschef Alexander Reissl schwadronierte kürzlich vom Ende der Willkommenskultur und wollte es dann nicht so gemeint haben. Alles das sind Ansagen, wie man sie aus dem Rathaus nicht hören möchte. Wenn die Chefebene die Nerven verliert, erschwert sie damit den vielen professionellen und ehrenamtlichen Helfern das Geschäft.

Wenn Oberbürgermeister Dieter Reiter nun aus den Ferien zurückkommt, wird er seinen aufgescheuchten Laden erst einmal beruhigen müssen. Urlaubsreif ist dafür Josef Schmid.

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