Streik bei Kitas:"Kein Kind wird auf der Straße stehen"

Warnstreik in NRW

Kinder einer Kindertagesstätte in NRW demonstrieren am Dienstag mit einem Schild 'Bildung beginnt in der Kita'. So könnte es am Mittwoch auch in München aussehen.

(Foto: dpa)

Die 413 städtischen Kitas in München sind zum Streik aufgerufen. Wie viele Einrichtungen tatsächlich geschlossen bleiben, ist bislang unklar. Im Voraus haben einige Kitas mit den Eltern an kreativen Lösungen gebastelt.

Von Melanie Staudinger

Viele Münchner Eltern stehen an diesem Mittwoch vor einem Problem: Wohin sollen meine Kinder, wenn die Mitarbeiter der städtischen Kitas ihre Arbeit niederlegen? Per Handzettel wurden sie in den vergangenen Tagen über den Warnstreik informiert - ein Zugeständnis, das es in anderen Branchen erst gar nicht gibt.

"Ein Schreck", klagt eine Mutter. Warum werde denn nicht die Müllabfuhr bestreikt, sondern der Kindergarten? Sie und ihr Mann seien beide berufstätig, eine Ersatzbetreuung sei schwierig zu organisieren. Aber durchaus notwendig: Laut Bildungsreferat stehen nur in dringenden Notfällen Ausweichplätze zur Verfügung. Besser wäre es, wenn die Eltern sich zusammentäten und selbst Lösungen fänden.

Im Tagesheim der Grundschule an der Welzenbachstraße hat diese Selbstorganisation offenbar gut geklappt. Am Freitag bekamen die 150 Kinder aus der ersten bis vierten Klasse einen Zettel mit nach Hause, der auf den Warnstreik hinweist, wie Leiterin Manuela Neumeier berichtet. Ihre Einrichtung wird komplett geschlossen sein, wie viele andere auch. "Bei uns ist die Situation natürlich eine andere als im Kindergarten, weil die Kinder bei uns ja direkt aus der Schule kommen und nicht von den Eltern gebracht werden", sagt Neumeier, die seit 14 Jahren im Tagesheim arbeitet. Deshalb mussten die Schüler auch eine Rückantwort ihrer Mütter und Väter mitbringen.

Bei denjenigen, bei denen das Schreiben fehlte, rief Neumeier an. "Kein Kind wird auf der Straße stehen", erklärt sie. Schulleitung und Lehrer seien informiert, falls ein Schüler zurückbleiben sollte. Einige Mütter würden mehrere Kinder an diesem Nachmittag betreuen. Sollte es zu längeren Ausständen kommen, würden die Eltern sich abwechseln. In ein anderes Tagesheim auszuweichen sei schwierig: "Dann müssten die Kinder ja irgendwie hingebracht werden." Zwei ihrer Kollegen hätten ein ähnliches Problem. Weil die Kitas ihrer Kinder bestreikt würden, würden diese ihre Kinder mit zum Streik nehmen.

Kommunen halten Warnstreiks für "vollkommen überzogen"

Noch gibt es keine Zahlen, wie viele Beschäftigte der 413 städtischen Kitas dem Streikaufruf von Verdi und der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nachkommen werden. Ebenso ist nach Angaben des Bildungsreferats vollkommen unklar, welche Krippen, Kindergärten, Horte, Häuser für Kinder und Tagesheime tatsächlich schließen werden und welche lediglich verkürzte Öffnungszeiten anbieten. "Wir erwarten bis heute Abend erste Rückmeldungen", sagt eine Sprecherin. Die Behörde erfahre nur indirekt von der Streikbeteiligung. Erzieher und Kinderpfleger bekommen nämlich an diesem Tag Streikgeld und nicht ihr reguläres Gehalt.

Verdi, der Deutsche Beamtenbund und die GEW fordern sieben Prozent mehr Lohn im öffentlichen Dienst, die kommunalen Arbeitgeber haben bisher kein Angebot vorgelegt und bezeichnen den Warnstreik als "vollkommen überzogen". In München treffen sich die Streikenden aus den Kitas von sieben Uhr an vor dem Bildungsreferat in der Bayerstraße und bilden eine Menschenkette.

Um 10.30 Uhr findet eine zentrale Kundgebung am Stachus statt. In der Landeshauptstadt sind außerdem die Beschäftigten der Stadtwerke (die Verkehrsbetriebe sind nicht betroffen), der Stadtentwässerung, des Isar-Amper-Klinikums München-Ost, des Baureferats im Rathaus und der kommunalen Verkehrsüberwachung zum Streik aufgerufen.

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