Street View in München:Reise in die Vergangenheit

Verschwundene Baustellen und ewig werbende Politiker: Das neue "Street View"-Angebot von Google zeigt ein München, das es so längst nicht mehr gibt.

Katja Riedel und Lisa Sonnabend

8 Bilder

Google Street View München

Quelle: maps.google.de

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Es ist ein Zauberding, dieses Google Street View. Mit ihm beglückt das Unternehmen seit Donnerstag die Münchner, und besonders jene Nostalgiker, für die die Gegenwart niemals an die Schönheit der Vergangenheit heranzureichen vermag. Denn wer sein virtuelles Männlein auf die Straßenkarte setzt und sich in den Straßen der Stadt umschaut, der sieht ein München, das die Kamera vor zwei Jahren eingefangen und konserviert hat wie Gartenfrüchte im Einweckglas - ein Retro-München, das es so längst nicht mehr gibt. Dort kandidiert der jetzige Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) auf Wahlplakaten an der Leopoldstraße noch für sein Landtagsmandat, die Zeitungen an den Kästen vermelden Neuigkeiten, die längst schon vergessen sind, und die Litfaßsäulen bewerben Konzerte, die nur noch in der Erinnerung lebendig sind (oder in wackeligen Zusammenschnitten auf Youtube).

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Quelle: Stephan Rumpf

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Auch die Sendlinger Straße hat noch ihr altes Gesicht, und aus der Hausnummer 8 ist die Zeitungsredaktion zwar schon ausgezogen, ihr Stammsitz erstrahlt aber in voller Schönheit - so wie das AZ-Logo an der Fassade nebenan, die längst abgerissen ist. Street View schließt nicht nur Bau-, sondern auch Erinnerungslücken

Google Street View München

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In der guten alten Ausgehzeit wussten auch die jüngeren Münchner noch, wo sie die letzten Biere zu viel mit größtmöglicher körperlicher Nähe in Einklang bringen konnten: Alle guten Freunde und die, die man Minuten später erst kennen lernen würde, waren in der X-Cess-Bar in der Kolosseumstraße. Isi und die Welt hinter dem roten Samtvorhang sind verschwunden, die Fassadenbilder ein letzter Trost.

Google Street View München

Quelle: maps.google.de

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Auch die Giesinger sehen einen schwer vermissten Vertrauten wieder. Das Hertie-Kaufhaus an der Silberhornstraße in Giesing ist leergeräumt und abgewickelt. Bei Google Street View sind die Auslagen ein letztes Mal gefüllt.

Google Street View München

Quelle: SZ

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Eines der Verkehrsprojekte, das Gegner in der Realität gern so sehen würden wie im Netz: Das futuristische Gesicht der Münchner Freiheit ist bei Street View noch Zukunft, allein ein Bauschild verweist auf den neuen Tram- und Busbahnhof.

Google Street View München

Quelle: SZ

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Es läge viel Schönes im Gestern, hätte das neue München nicht echte Schmuckstücke, die fehlen. Das Louis Hotel zum Beispiel (Foto), der Turm des ADAC an der Hansastraße oder die modernen Bürohäuser in der Parkstadt Schwabing und am Arnulfpark. Selbst die X-Cess-Bar wird in die Zukunft zurückkehren, in einem neuen Quartier in der Sonnenstraße. Ohne Google.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Aus Grün wird Kiesstrand: Vorbei sind die Zeiten, in denen der Mensch den Fluss in ein steinernes Korsett gezwungen hat. Künftig darf sich die renaturierte Isar auch auf Höhe der Reichenbachbrücke freier entfalten. Die virtuelle Aussicht wird Jahr für Jahr stärker davon abweichen, wie sich die Natur die künstlichen Wiesen zurückgeholt. Und der Isarstrand weiter wächst.

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Quelle: Stephan Rumpf

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Kräne statt Krafttraining: In dem roten Gebäude der neuen Medienfabrik an der Ganghoferstraße können sich Frühsportler seit etwa einem Jahr mit Bällen, Seilen und anderen althergebrachten Sportgeräten traktieren lassen. Der Sportclub ist schon da, Firmen sind nur wenige eingezogen. Im Internet müssen die Räume erst noch hochgezogen werden.

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