Strafprozess:Schlechte Geschäfte mit teuren Bildern

Lesezeit: 2 min

Hans Bäumler fühlt sich von seinem Kunsthändler betrogen. Die Anwälte des Angeklagten rechnen jedoch mit Freispruch

Von Stephan Handel

Der Staatsanwalt, dazu ist er ja da, verkündet seine Vorwürfe im überzeugtesten Indikativ: Der Angeklagte hat, der Geschädigte war, bewusst der Wahrheit zuwider - da hat ein böser Mensch einen anderen hereingelegt und ihm schweren Schaden zugefügt, glücklicherweise nur finanziell. Aber immerhin: 4,4 Millionen Euro sind keine Kleinigkeit, auch nicht für einen renommierten Hersteller von Männermode-Artikeln, der offensichtlich in seinem Leben ein solches Vermögen gemacht hat, dass er nun in größerem Stil Kunstwerke sammelt.

Und dabei will er betrogen worden sein: Hans Bäumler, 77, hat Patrick H. angezeigt, der lange Jahre sein Kunsthändler war, um nicht zu sagen sein Vertrauter und Freund. Nun aber fühlt der Ältere sich geschädigt durch den Jüngeren. Die ganze Angelegenheit zum Staatsanwalt und letztendlich vor den Strafrichter zu bringen - dazu hat vielleicht auch die Tatsache beigetragen, dass Patrick H. sich keiner Schuld bewusst ist und dass Bäumler auch eine Zivilklage zunächst verloren hat.

Patrick H. sollte in fernerer Zukunft Kurator eines Museums werden, das Hans Bäumler im österreichischen Hohenems errichten und mit seiner Gemäldesammlung bestücken wollte. Dafür, so riet ihm der Kunsthändler, brauchte er aber noch ein paar französische Impressionisten, sonst würde die Sammlung nicht ernst genommen. Bäumler aber war der Meinung, er besitze genügend Bilder, und lehnte den Vorschlag ab. Spätestens ab hier wird's unübersichtlich.

Patrick H. nämlich schaltete nun - die Geschichte handelt im Jahr 2011 - zwei Kleinanzeigen in der Süddeutschen Zeitung - eine private Sammlung französischer Impressionisten sei zu verkaufen. Merkwürdigerweise und entgegen seiner vorherigen Weigerung sprang Hans Bäumler auf die Anzeige an und beauftragte H., den Kontakt zum Verkäufer herzustellen. der wollte, warum auch immer, nicht offenbaren, dass er die Anzeigen geschaltet hatte, und ließ Bäumlers Anfrage von einem ansonsten völlig unbeteiligten Freund in der Schweiz beantworten. Der Handel kam zustande, Bäumler kaufte 13 Bilder, unter anderem von Jawlensky und Toulouse-Lautrec für insgesamt rund 4,2 Millionen Euro - dabei habe H. ihm versichert, das sei in Wirklichkeit ein Schnäppchen, der tatsächliche Marktwert liege bei fast 9 Millionen Euro. Zudem bekam H. für seine Bemühungen ein Honorar von zwei Millionen Euro - viel zu viel, meint der Staatsanwalt und errechnet so, den tatsächlichen Wert der Bilder abgezogen, insgesamt einen Schaden von mehr als 4,4 Millionen Euro.

Dumm nur, dass dieser Schaden in der erstens Instanz des Zivilverfahrens nicht anerkannt wurde - und dass die zweite Instanz gemeint hat, sie würde lieber mal das Strafverfahren abwarten. Dumm zudem, dass sich die Gutachten über den tatsächlichen Wert der Bilder erheblich widersprechen, je nachdem, ob die Expertisen vom Staatsanwalt, von Bäumler oder vom Angeklagten in Auftrag gegeben wurden.

Noch dubioser wird das Ganze dadurch, dass wohl ein großer Teil des Geschäfts mit taschenweise Bargeld abgewickelt wurde und dass H. seinem Kunden dafür mehrere Rechnungen ausstellte, die auf dessen Verlangen bis in die 1990er Jahre zurückdatiert waren - ein Umstand, der den Richter bei Bäumlers Zeugenaussage zu dem Hinweis brachte, dieser müsse nichts aussagen, wodurch er sich selber belasten würde, zum Beispiel, ob das schöne viele Geld in den Taschen denn auch ordnungsgemäß versteuert war.

Der Angeklagte sagte nichts zu der ganzen Angelegenheit, hatte allerdings zwei Schwergewichte der Münchner Strafverteidiger-Branche mitgebracht, Peter Witting und Steffen Ufer, die den Ton gleich vorgaben: "Wir gehen davon aus, dass das Verfahren mit einem Freispruch endet." Und in einem Schriftsatz von Peter Witting, den Richter Philipp Stoll anstelle der Aussage des Angeklagten verlas, hatte der Rechtsanwalt das Wort "Beweiswürdigung" (des Staatsanwalts) so penetrant in Anführungszeichen geschrieben, dass Stoll darum bat, das doch weglassen zu dürfen. Der Prozess wird am Montag fortgesetzt.

© SZ vom 17.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: