Stilkritik:Schlicht und einfach edel

Kontraste bietet sie viele, die neue Münchner Hauptsynagoge. Einem kastenförmigen Äußeren steht ein luftiger, schnörkelloser Innenraum gegenüber. Und das ist gut so.

Bernd Oswald

Der erste Eindruck beim Blick von außen: ein ganz schöner Klotz. Zwei völlig verschiedene Ebenen. Zum einen der Sockel aus gelblichem Kalkstein (die Architekten nennen ihn Travertin). Die acht Meter hohe Wand wirkt respekteinflößend, wenn man direkt davor steht. Kein Wunder, die Fassade soll an die Klagemauer in Jerusalem erinnern, der Sockel selbst an den Tempel des Salomon.

Stilkritik: Erster Eindruck von außen: Ganz schön klotzig

Erster Eindruck von außen: Ganz schön klotzig

(Foto: Foto: oh)

Der zentrale Kubus, der weitere zwölf Meter in die Höhe ragt, ist erst einmal eines - modern. Ein Gotteshaus bringt man mit dem Glas-Quader, der mit Bronzenetzen überzogen ist, nicht in Verbindung. Ins Auge stechen die Dreiecke, die im Inneren des Quaders angebracht sind. Obwohl sie keinen sechseckigen Davidstern darstellen, bildet man sich ständig einen ein. Einbilden muss ich mir auch, dass der Kubus ein Zelt darstellen soll.

Ein Gang ins Innere verkehrt mein Bild: Kaum im Gebetsraum angelangt, stelle ich fest: Er ist viel kleiner als es von außen den Schein hat. 33 Meter ist die Synagoge lang, viel kürzer als die meisten christlichen Kirchen. Durch die 22 Meter Breite wirkt er gleichzeitig sehr offen. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die enorme Lichtmenge, die die Deckenstrahler abgeben. Ich bin gespannt darauf, wie hell es bei Tag ist.

Offen ist auch die Bima, die Kanzel in der Mitte des Gebetsraumes. Von hier aus werden die Thora-Rollen vorgelesen. Es gibt zwei Aufgänge, parallel zu den Emporen am Rande.

Fast der gesamte Raum ist mit Zedernholz ausgeschlagen: Bänke, Boden, Bima, Wände. Zusammen mit den goldenen Inschriften - allesamt Psalmen - macht das einen ziemlich edlen Eindruck. Schlicht und einfach edel. Gerade auch dadurch, dass mit Ausnahme des goldenen Thora-Schreins Prunkvolles weitgehend fehlt. Die optisch auffälligen Elemente sind äußerst sparsam dosiert: Ins Auge stechen nur noch die beiden siebenarmigen silbernen Leuchter, die links und rechts neben dem Thora-Schrein angebracht sind. Obwohl sich hier das Allerheiligste der Synagoge befindet, haben die beiden riesigen Portale kein Schloss.

Kein Zweifel: Die Münchner Juden haben eine einladende Synagoge bekommen.

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