Stiftung Maximilianeum:Das Zuhause der Streber

Elite sein ist wieder schick: Ein Besuch in der Stiftung Maximlianeum, wo Bayerns begabteste Studenten wohnen.

Lisa Sonnabend

König Maximilian II. blickt mit ernster Miene herab, mit der linken Hand hält er den Stock fest umklammert. So streng müsste er aber gar nicht schauen, denn was er sieht, dürfte ihn erfreuen. Das Ölgemälde des ehemaligen Königs von Bayern hängt im Festsaal der von ihm gegründeten Stiftung Maximilianeum in München - und auch heute noch ist fast alles wie Mitte des 19. Jahrhunderts, als Maximilian II. das mächtige Gebäude am Ende der Maximilianstraße für Bayerns begabteste Studenten errichten ließ. Der Landtag ist nur Untermieter der Stiftung.

Hanspeter Beißer

Seit zehn Jahren leitet Hanspeter Beißer die Stiftung Maximilianeum, von 1975 bis 1982 war er dort selbst Stipendiat.

(Foto: Foto: sonn)

In einem Raum hängt ein riesiges jahrhundertealtes Gemälde, das die Schlacht von Zorndorf abbildet. Im Speisesaal baumeln imposante Kronleuchter von den Decken. Auch heute noch laufen junge Menschen aus Bayern durch die Gänge. 50 Hochbegabte wohnen hier, zum Semesterbeginn am 12. Oktober durften sechs neue 1,0-Abiturienten einziehen.

Die Richtlinien von Maximilian II. gelten seit 1857 fast unverändert: Der Stifter wollte die besten Abiturienten aus Bayern ohne Ansehen ihres Standes und des Einkommens ihrer Eltern für den höheren Staatsdienst gewinnen. Bestanden die jungen Leute ein strenges Auswahlverfahren, durften sie kostenlos im Maximlianeum wohnen und konnten sich ohne finanzielle Sorgen dem Studium widmen.

Bedingung für die Aufnahme ist derzeit ein Abitur von 1,0 - wobei keine der dafür erbrachten Leistungen weniger als 13 von 15 Punkten betragen darf. Anschließend gilt es, die Ministerialbeauftragten-Prüfung und die Maximsprüfung zu bestehen, in denen ein breites Wissen abgefragt wird. Pro Jahr schaffen dies gerade einmal sechs bis acht von rund 55.000 Studienanfängern in Bayern

Die Maximer, wie die Stipendiaten genannt werden, leben alle im selben Haus - ähnlich wie auf einem amerikanischen Campus. Die Zimmer sind allerdings im Gegensatz zum protzigen Gebäude bescheiden. Auf etwa zwölf Quadratmetern sind Bett, Schrank, Regal und Schreibtisch untergebracht. Putzen, waschen und kochen erledigen Angestellte, damit die Studenten nicht vom Lernen abgelenkt werden.

Einiges hat sich aber dennoch gewandelt im Laufe der 150 Jahre. Während früher nur Männer zugelassen waren, sind heute fast etwa die Hälfte der Stipendiaten weiblich. Die Studenten belegen Fächer, die zur Zeit von Maximilian II. noch gar nicht existierten. Medizin- und Theologiestudenten sind allerdings auch heute noch ausgeschlossen - denn das hatte der König explizit beschlossen und was der Stifter festlegt, hat Bestand.

Das Zuhause der Streber

Am Maximilianeum geht es im Jahr 2008 nicht mehr so streng zu wie vor 150 Jahren. Früher mussten die Studenten um halb fünf Uhr aufstehen, heute können sie sich den Wecker stellen, wann sie wollen. Und auch Besuch dürfen sie inzwischen empfangen. "Ich mache nachts keine Kontrollgänge", sagt der Vorstand Hanspeter Beißer. "Das wäre nicht mehr zeitgemäß."

Der 51-Jährige arbeitet als Jurist und ist seit zehn Jahren ehrenamtlicher Leiter der Stiftung. Der kleine drahtige Mann trägt Anzug und Krawatte. Er lächelt oft, seine Augen funkeln wachsam. Wenn er durch die Gänge geht, grüßt er die entgegenkommenden Studenten freundlich. Beißer war von 1975 bis 1982 selbst Stipendiat.

"Der Elitebegriff war nicht immer positiv besetzt", meint Beißer. Er habe als Student oft verschwiegen, dass er der Stiftung angehört. "Auf die Frage 'Wo wohnst du?' habe ich immer vage geantwortet 'In einem Wohnheim am Max-Weber-Platz'." Heutzutage dagegen sei Elite wieder schick, wie auch die Exzellenzinitiative für die Universitäten zeige. "Man will dazugehören", sagt Beißer. Die Studenten seien stolz darauf, im Maximilianeum zu sein.

Und noch etwas habe sich geändert. "Von unseren Stipendiaten raucht kein einziger mehr", sagt der Vorstand und blickt empört zu den Landtagsabgeordneten, die qualmend auf der Terrasse stehen. Die Stiftung teilt sich das Gebäude mit dem Bayerischen Landtag, der Untermieter ist. Die Folge: Die Studenten müssen an den Wachmännern vorbei, um in ihre Zimmer zu gelangen, häufig kreuzt sich ihr Wege mit dem von bekannten Politikern. Diese kommen zu Diskussionsrunden in die Stiftung, die Studenten besuchen manchmal Sitzungen im Landtag. "Es wäre nicht möglich, die Stiftung woanders hinzuverlegen", sagt Beißer. "Die Identität hängt an dem Standort."

Auch Beißer wohnt in dem Gebäude. Die Stiftung ist in den unteren Stockwerken im rechten Flügel des Maximilianeums untergebracht, darüber liegen die Abgeordneten-Büros von SPD und Grünen.

Mancher Stipendiat geht später gar in die Politik. Die ehemaligen Ministerpräsidenten Eugen von Knilling (Bayerische Volkspartei,1922-24) und Franz Josef Strauß (CSU, 1978-1988) waren Maximer. Berühmte ehemalige Stipendiaten sind auch Physiknobelpreisträger Werner Heisenberg, der Schriftsteller Carl Amery und Schlagertexter Michael Kunze, der "Ein Bett im Kornfeld" geschrieben hat. Auf der Absolventenliste finden sich nur wenige bekannte Namen. Eigentlich beruhigend für all jene, die weit davon entfernt sind, in der Stiftung Maximilianeum aufgenommen zu werden: Berühmt wird man auf andere Weise.

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