Steueraffäre:Grünwalder Polizei sucht die Wuppertaler Steuerfahnder

Auswärtige Ermittler durchsuchen zwei Villen im Nobelvorort Grünwald - allerdings so diskret, dass keiner etwas davon mitbekommt.

Tom Soyer

Wenn's ums Geld geht, ist Grünwald diskret. Keine Namen, keine Geschwätzigkeit. So konsequent, dass gestern auch die Diensthabenden in der Polizeistation ihre liebe Mühe mit Medienanfragen bekommen haben. Denn angeblich haben Abgesandte der Staatsanwaltschaft Bochum und der Steuerfahndung Wuppertal sich am Montag bei ihrer Großrazzia auch in zwei Grünwalder Villen umgetan und Beweismittel eingesackt. Nur wussten sie davon nichts auf dem Grünwalder Revier.

Steueraffäre: Der Villenvorort Grünwald ist so diskret, dass nicht einmal die Polizei erfährt, wo die Steuerfahnder zuschlagen.

Der Villenvorort Grünwald ist so diskret, dass nicht einmal die Polizei erfährt, wo die Steuerfahnder zuschlagen.

(Foto: Foto: Tom Soyer)

Grünwalds Polizeichef Peter Fichtinger hat deshalb am Nachmittag seine Mitarbeiter ausschwärmen lassen in der 11000-Einwohner-Gemeinde. "Wir wissen nichts, wir suchen die Steuerfahnder jetzt selbst", beschied er. Weil der Tag ruhig verlief, konnte er einige Kollegen zu dieser Suche ohne allzu großen Aufklärungsdruck abstellen. Resultat: Kein Steuerinspektor gesichtet.

"Sache der Finanzbehörden"

"Wir geben ihnen einen Ortsplan von Grünwald, dann können Sie gerne selbst suchen", sagte der Dienstgruppenleiter, dessen Identität hier ortsüblich diskret behandelt werden soll. "Das ist ja auch keine Sache der Polizei, sondern der Finanzbehörden." Und, fügt er hinzu, das Nachfragen bei der Tankstelle sei wohl in dem Fall auch nicht ergiebig: Erstens seien die Fahnder "wohl nicht so dumm, mit Bochumer und Wuppertaler Kennzeichen herumzufahren", zweitens seien Firmenwagen mit auswärtigen Kennzeichen hier schlicht Standard.

Nächste Fahndungsstation: Zeitschriften-Kiosk an der Eierwiese. Oben auf dem Dach des Pavillons Werbung für eine Münchner Finanzzeitschrift. Von Steuerfahndern im Ort hat der Mann hinter der Ladentheke aber nichts gehört, nein. Dafür aber reges Interesse seit Samstag an allen Titeln verzeichnet, die den Zumwinkel-Fall auf der ersten Seite hatten. Hm, dürftiges Indiz.

Fehlanzeige auch in der Apotheke

Nebenan in der Apotheke - wir nennen keine Namen, wegen der Drogisten-Verschwiegenheitspflicht - wieder Fehlanzeige: Nein, sagt die Dame bestimmt, von Steuerfahndern in Grünwald sei kein Wort gefallen. Und der Verkauf von Baldrian für aufgeschreckte Besserverdiener sei auch nicht signifikant angestiegen.

In der Schloßstraße, im Schuhgeschäft, dasselbe Bild. Stark gefütterte Winterschuhe seien eher noch zu viele im Lager, sagt die liebenswürdige Verkäuferin, "das weiß ich sicher, weil ich heute erst wieder welche neu ausgezeichnet habe". Also auch nicht irgendwie auffällige Fälle von kalten Füßen in Grünwald.

Bleibt schließlich der Buchhändler beim Rathaus, der lächelnd darauf verweist, genauso wenig wie die Polizei von aufgeflogener Liechtenstein-Klientel zu wissen. Da werde Grünwald mal wieder komplett missverstanden - er hat einen anderen Tipp: "Grünwald, das sind alte Familien mit Immobilienbesitz; die mit dem neuen Geld, die sitzen mehr in Starnberg..."

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