Als die Morgendämmerung einsetzt und das erste Licht den Raum unter der Kuppel erhellt, brandet Beifall auf. 27 aufregende Minuten liegen hinter den Menschen hier im Planetarium des Deutschen Museums, eine knappe halbe Stunde, in denen sie unter anderem eine Zeitreise zurück ins Jahr 1953 vor Christus unternommen haben sowie eine Raumfahrt, die sie an einem einsamen Punkt weit außerhalb unserer Galaxis führte.
Dass die Expedition durch Raum und Zeit in bequemen Polstersesseln absolviert wurde und man nicht etwa gezwungen war, sich in eine enge Astronautenkapsel zu zwängen, wie sie in der Raumfahrt-Abteilung des Museums ausgestellt ist, macht das Vergnügen noch größer. Die achtjährige Charlotte, die mit ihren Eltern das Planetarium besucht, ist jedenfalls begeistert. "Ich fand's schön", sagt sie, und am schönsten waren die an den Nachthimmel projizierten Sternbilder. Auch Gerhard Hartl ist bester Laune. Der Kurator für Astronomie am Museum hat zusammen mit Kollegen die digitale Projektionsanlage entwickelt, und jetzt, bei der Premiere am Sonntagmorgen, hat alles bestens funktioniert. Nach gut zweijähriger Bauzeit haben die Münchner ihr Planetarium wieder - mit einer Sternenshow, die eindrucksvoller ist denn je.
Gut 120 Besucher haben sich um zehn Uhr eingefunden, um an der ersten Vorführung unter der ebenfalls erneuerten Kuppel des Planetariums teilzunehmen. Mitten im Saal steht der Zeiss Skymaster ZKP4, der Projektor, der in etwa so aussieht wie die Hantel des legendären Kraftmenschen Steyrer Hans, sieht man davon ab, dass am Skymaster noch etliche Metallapplikationen haften. War der erste Sternenprojektor, der von 1925 an den Münchner das All näherbrachte, noch ein feinmechanisch-optisches Wunderwerk, so ist in der neuesten Anlage die digitale Technik dazugekommen. "Jede Bewegung ist programmiert", sagt Hartl. Die Simulationssoftware ermöglicht es, die komplizierten Bewegungsmuster der Himmelskörper noch besser darzustellen.
Musik erklingt, allmählich legt sich die Dunkelheit über München, dessen - übrigens gemaltes - Panoramabild den runden Saal säumt. Die ersten Sternbilder werden sichtbar, der Große Wagen, Kassiopeia, der Himmelsjäger Orion. Am westlichen Horizont leuchtet die Venus. Die Illusion ist perfekt. Es ist, als würde man in einer sternklaren Nacht ins All blicken. Per Zeitraffer beschleunigt, erscheint das nächtliche Firmament wie eine riesige Kugel voller Lichtpunkte, die sich hoch über der Erde dreht. Tatsächlich aber ist es die Erde, welche die Drehung vollzieht.
Die Planeten jedoch, also jene Himmelskörper, die wie die Erde die Sonne umkreisen, folgen eigenen Bewegungsmustern. Und die Astronomen können berechnen, wo die Planeten in 100 Jahren stehen werden oder wo sie beispielsweise 1953 Jahre vor unserer Zeitrechnung standen. Damals boten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn eine grandiose Lightshow, einen Tanz der Planeten, den die Besucher des Planetariums genau so beobachten können wie die Menschen vor knapp 4000 Jahren. Man kann sich vorstellen, dass das bizarre Himmelsspektakel seinerzeit Furcht und Schrecken verbreitet hat.
Zurück in die Gegenwart: Gerade versetzt der Projektor das Publikum in ein virtuelles Raumschiff. Es verlässt die Erde, die blaue Kugel wird kleiner und kleiner, die ersten Planeten werden sichtbar, schließlich das ganze Sonnensystem. Mit Lichtgeschwindigkeit geht es weiter, ach was, das Raumschiff ist, allen physikalischen Gesetzen zum Trotz, sogar schneller als das Licht, bald ist die Sonne nur ein Stern unter vielen, und schließlich verlässt die Kapsel unsere Galaxis, die als leuchtender Spiralnebel durchs schwarze Universum schwebt. Die Erde ist in diesem Moment viele Millionen Lichtjahre entfernt, und doch dauert die Rückreise nur wenige Minuten. "Das war absolut super", sagt die kleine Lena, die an der Seite ihres Freundes Patrick die virtuelle Weltraumfahrt unternommen hat. Patricks Vater Robert Harrison ist ebenfalls begeistert: "Die Zeitreise durch die Galaxis war sehr eindrucksvoll", schwärmt er.
Es ist ein faszinierender Einblick in die Welt der Astronomie, den das Deutsche Museum im neuen Planetarium bietet. Er lässt ahnen, wie gewaltig die Dimensionen des Universums sind und wie klein und verletzlich der blaue Planet ist, auf dem wir leben. In der Antike haben die Menschen den Sternkonstellationen am Firmament Namen gegeben. Da gibt es die Zwillinge, den Stier, den Drachen oder die Fische. Im Planetarium lässt sich nachvollziehen, wie die alten Sterngucker auf diese Namen gekommen sind. Auch das kann der Projektor: Mythische Gestalten, Tiere und Fabelwesen auf den Himmel zaubern.