Stau und Lärm:Autos überrollen das Viertel

"Ich halte es bald nicht mehr aus": Immer mehr Verkehr belastet die Wohngebiete an der Peripherie. Die Teilnehmer der Bürgerversammlung für den Bezirk Feldmoching-Hasenbergl fordern Abhilfe von der Stadt

Von Simon Schramm, Feldmoching/Hasenbergl

Längst werden nicht nur die Autos in Münchens Innenstadt durch regelmäßige Staus ausgebremst, auch in der Peripherie der Stadt nimmt die Belastung immer mehr zu. Viele Bürger im Norden der Stadt dringen auf Entlastung, das hat sich bei der Bürgerversammlung für den Bezirk Feldmoching-Hasenbergl am Donnerstag deutlich gezeigt. Zum Beispiel in der Caracciolastraße im Hasenbergl: "Der Schleichverkehr in der Straße wird von Jahr zu Jahr schlimmer", sagte eine Bewohnerin. "Ich halte es bald nicht mehr aus."

In der Lerchenauer Straße ist der Durchgangsverkehr so sehr gestiegen, dass Eltern schon länger um die Sicherheit der Schulwege fürchten. Auf der Versammlung berichtete eine Elternbeirätin von einem Schulweghelfer, der fast angefahren worden wäre - und stellte einen Antrag auf einen Blitzer. Auch den neuralgischen Punkt in der Siedlung Ludwigsfeld, die für Gewerbe und Umland als Durchgangsstraße dienende Kristallstraße, rief ein Bewohner mal wieder in Erinnerung. "Der Stadtrat möge beschließen, dass die Kristallstraße für Lastkraftwagen mit mehr als 7,5 Tonnen schon bald gesperrt wird." Die wegen eines Gerichtsstreits immer noch in der Luft hängende Planung, die Karlsfelder Straße zur Umgehung für die Siedlung umzubauen, mahnte der Bewohner auch an. Dirk Höpner von der Initiative Übergreifendes Bündnis München Nord ging so weit zu fordern, angesichts des Wachstums der Stadtteile weitere Planungen einzustellen, sollte nicht ein umfassendes Verkehrskonzept beschlossen werden.

Stau und Lärm: An der Kristallstraße in der Siedlung Ludwigsfeld weichen Autos zum Ärger der Anwohner auf den Gehweg aus.

An der Kristallstraße in der Siedlung Ludwigsfeld weichen Autos zum Ärger der Anwohner auf den Gehweg aus.

(Foto: Catherina Hess)

Stau am Bahnhof Fasanerie

Es gab ewig anmutende Debatten, zahlreiche Untersuchungen und Workshops, und trotzdem gehört es insbesondere in den Hauptverkehrszeiten immer noch zur Gewohnheit vieler Autofahrer und Radler, am Bahnübergang am Bahnhof Fasanerie vor gesenkten Schranken im Stau zu stehen. Solange das so bleibt, ist davon auszugehen, dass auch der Schriftverkehr zwischen Karl-Heinz Schreibauer und der Stadtverwaltung nicht abreißt: Seine Anträge zum Fortschritt der Höhenfreimachung sind mittlerweile genauso fester Bestandteil der Versammlung wie der Bericht der Polizei.

S-Bahnübergang Fasanerie in München, 2009

Am Bahnübergang warten die Autofahrer, bis die Züge vorbeirauschen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadt entwickelt derzeit die Vorplanung für die Neugestaltung des Bahnhofs und den Neuverlauf der Feldmochinger Straße. "Die Kreuzung wird immer mehr zum Brennpunkt. Der gesamte Straßenabschnitt wird vergiftet", sagte Schreibauer. Er verlangt, dass die Stadt das Tempo beschleunigt: "Die Stadt soll die Weichen stellen, dass die Vorplanung bis 30. Juni abgeschlossen ist und Bevölkerung und Bezirksausschuss umgehend zu den Plänen Stellung nehmen. Bis 30. Oktober soll die Stadt die Planung beschließen, sodass sie 2019 der Bahn vorgelegt wird."

Einsatz für Lärmschutz

Der Aktionskreis contra Bahnlärm wird nicht müde, für einen Lärmschutz in der westlichen Lerchenau zu kämpfen. Drei Anträge hat der laut eigenen Angaben etwa 170 Mitglieder starke Verein in der Versammlung mit Erfolg eingereicht. Durch die Lerchenau verläuft ein Gleis der Deutschen Bahn, das hauptsächlich von Güterzügen genutzt wird; die Strecke ist nur minimal lärmgeschützt, die Wohnhäuser liegen direkt daneben, Anwohner sind lärmgeplagt. Der Verkehr auf dem Gleis wird laut Bahnprognosen auf etwa 48 Züge am Tag steigen. Dem Verein zufolge sind die Bebauungspläne um das Gleis herum in Aufstellung und sollen darum als "Reines Wohngebiet" ausgewiesen werden. Er erwartet, rechtlich gesehen dann mehr Chancen auf einen Lärmschutz zu haben. Laut dem Aktionskreis will sich das Referat für Gesundheit und Umwelt für niedrige Schallschutzwände direkt am Gleis einsetzen. Nach Forderung des Vereins soll das Referat das mit mehr Druck machen. Das Gleis verlief vor langer Zeit noch etwas weiter östlich, nämlich eher auf der Vertikalen der Berberitzenstraße. Laut dem Aktionskreis gibt es keine Planfeststellung für die Verlegung an die heutige Linienstrecke in der Heidelerchenstraße. Die Stadt soll nun untersuchen, ob das Auswirkungen auf die Betriebsgenehmigung hat.

Eggarten soll grün bleiben

Kolonie Eggarten in München, 2012

Noch strahlt der Eggarten grün, bald soll dort gebaut werden.

(Foto: Florian Peljak)

Ebenso fast zum Brauch wird der Einsatz von Martin Schreck vom Verein Altstadt-freunde für eine beruhigte Entwicklung am Eggarten. Stadtverwaltung und Bauinvestoren tüfteln seit Längerem aus, wie der wilde Fleck am Nordring bebaut werden soll. Dass der Eggarten in Zukunft nicht mehr so paradiesisch grün wie derzeit aussehen wird, ist absehbar.

Martin Schreck von den Altstadtfreunden befürchtet radikale Schritte der Investoren. Der Zusammenhang: Im Eggarten gilt die Baumschutzverordnung nicht. Schreck will eine Geltung per Bürgerversammlungsantrag durchsetzen. Um die "Eigenart dieser Gartenstadt" zu erhalten, hat Schreck verlangt, auf den Eggarten die städtebauliche Erhaltungssatzung anzuwenden.

Ein Heizwerk wird abgelehnt

Wegen der möglichen Abschaltung des Kohlekraftwerks Nord bringen die Stadtwerke als Kompensation unter anderem einen Standort an der Raheinstraße ins Spiel. Da es sich um ein Wohngebiet handle, werde das Werk ein "kompletter Fremdkörper" sein, kritisierte ein Besucher, dessen Antrag auf Ablehnung des Werks angenommen wurde. Eine Bürgerin rief die Stadt auf, sich für eine gleichmäßige Verteilung der Fachärzte in der Stadt einzusetzen. Bezüglich der Sicherheitslage sei es "ein gutes Jahr" gewesen, betonte Andreas Schaumaier von der Polizei.

Kinderarztpraxis

Die Bürgerschaft kritisiert seit Langem die mangelnde Versorgung mit Ärzten im Norden der Stadt.

(Foto: Britta Pedersen)
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