Stau:Nur Wohnraum schaffen reicht nicht aus

Provisorische Stützen an der Lindwurmstraßenunterführung am KVR. Da wirdâÄÖs jetzt richtig eng. Lindwurmstraße, Unterführung

Seit einigen Wochen stehen die provisorischen Stützen in der Bahnunterführung an der Lindwurmstraße - und verengen die ohnehin sehr schmale Durchfahrt zusätzlich.

(Foto: Florian Peljak)

Wenn die Stadt ihr Wachstum in den Griff bekommen will, muss sie beim Auto- und Nahverkehr mehr tun.

Kommentar von Nina Bovensiepen

Als autofahrender Mensch ist man geneigt, die jüngste Nachricht von Münchens Baustellenfront leicht resigniert als weitere Denksportaufgabe zu begreifen. Jetzt also auch noch die Lindwurmstraße. Statt zwei Spuren ist dort künftig nur noch eine befahrbar, das Ganze voraussichtlich schlappe sieben Jahre, bis 2023.

Prompt beginnt sich das Gedankenkarussell zu drehen, welche Umfahrungsmöglichkeiten es an diesem Engpass denn noch gibt, gleichzeitig einkalkulierend, dass der Verkehr auf dem Isarring derzeit ständig zum Erliegen kommt, dass es auf der Einsteinstraße stockt, dass sich in der Innenstadt, etwa rund um den Stachus, alle paar Meter eine Baustelle auftut und dass der Weg aus der Stadt heraus über die Autobahn auch nicht einfach fließt, weil auch hier saniert oder ausgebaut wird.

München versinkt nahezu täglich im Verkehrschaos, und das mitten in den Ferien, die doch einst paradiesisch für Autofahrer waren, weil endlich alles floss. Zwei Gründe gibt es dafür. Einer ist, dass viele Reparaturen zu lange aufgeschoben wurden und nun nachgeholt wird, was längst fällig war. Das ist richtig und zukunftsweisend. Denn es mag zwar wünschenswert sein, dass in Zukunft weniger Menschen mit dem Auto fahren, etwa weil sie auf den Nahverkehr umsteigen. Direkt absehbar ist dies aber nicht.

Das Problem wird nicht erledigt sein, wenn die Baustellensaison beendet ist

Die zweite Ursache für den nicht nur in Ferien- und Baustellenzeiten immer zäher fließenden Verkehr in München ist das Wachstum. Es ziehen immer mehr Menschen in die Stadt. Deren Einzugsgebiet dehnt sich weiter aus, die Wohnungsnot und die teuren Mieten haben viele Menschen in die Landkreise um die Stadt ziehen lassen.

Von dort pendeln täglich die Massen zur Arbeit in die Stadt. Die Verkehrswege sind indes über Jahre nicht mitgewachsen mit den Bevölkerungsbewegungen und -zuwächsen. Daher kann München diese Ströme kaum noch bewältigen - das gilt auf den Straßen, im öffentlichen Nahverkehr zeigt es sich an vielen Tagen ebenso.

Dieses Problem wird nur in kleineren Teilen erledigt sein, wenn die diesjährige Baustellensaison beendet ist. Es ist eine Denksportaufgabe für die Politik, die unmittelbar in Zusammenhang mit den ehrgeizigen Neubauplänen zu sehen ist, die Oberbürgermeister Dieter Reiter in den vergangenen Tagen verkündet hat. Denn so gut und richtig es ist, Wohnraum zu schaffen - so notwendig müssen die Wege entstehen, auf denen die Menschen sich künftig fortbewegen.

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