Statistiken:Ist das Münchner Wetter so schlecht, wie man meint?

Schwimmer in München

Manchen Menschen genügt die Nässe von oben nicht: Surfer Jakob Riegger ist freiwillig im Eisbach.

(Foto: Fabian Sommer/dpa)
  • Eine gefühlte Wahrheit wird vom Deutschen Wetterdienst bestätigt: Im April hat es heuer überdurchschnittlich viel geregnet.
  • Zwar wurden weniger Regentage gemessen als im Vorjahr, doch die Niederschlagsmenge war insgesamt höher.
  • Auch der Mai soll zunächst durchwachsen werden.

Von Jasmin Siebert

"April! April! Der weiß nicht, was er will", heißt es schon in dem bekannten Kindergedicht. Ein paar frühsommerlich warme Tage, dann Regen, Schnee und Wind - dass der Wettergott im April sehr launisch ist, weiß jeder. Doch in diesem Jahr scheint sich seine schlechte Stimmung bis in den Mai zu ziehen. Seit Wochen hängen viele graue Regenwolken am Himmel, die ihren Inhalt bei frischen Temperaturen über München leeren. Besserung ist vorerst nicht in Sicht. Das Wetter fühlt sich außergewöhnlich nass und kalt an. Doch ist es das auch?

"Es hat im April überdurchschnittlich viel geregnet", bestätigt Michael Leistert vom Deutschen Wetterdienst. Zwar wurden nur 13 Regentage gezählt und damit vier weniger als im Vorjahr. Doch an der Messstation in der Helene-Weber-Allee wurden Niederschläge gemessen, die mit 104,1 Millimeter ein Drittel über dem Mittelwert liegen. Zuletzt gab es im Jahr 2008 einen April, in dem es mehr geregnet hat und es kälter war. Im April dieses Jahres betrug die Durchschnittstemperatur 8,4 Grad - und das obwohl es Anfang April an drei Tagen wärmer als 20 Grad war. Der Spitzenwert war am 10. April mit 23,5 Grad plus. Neun Tage später wurde mit 1,3 Grad minus der kälteste Wert gemessen.

Die graue Kälte draußen macht nicht nur Fahrradfahrern und wartenden S-Bahn-Pendlern zu schaffen. Auch die Pflanzen leiden darunter. "Unseren Sommerblumen fehlt die Sonne", sagt Florian Dosch, Juniorchef der gleichnamigen Gärtnerei in Denning. Während zum Beispiel Nelken normalerweise schon Mitte April blühen, haben sie in diesem Jahr erst Knospen gebildet. "Aber pünktlich zum Muttertag werden unsere Blumen fertig", schiebt Dosch hinterher. Der Preis, den er dafür zahlen muss, sind so hohe Heizkosten für seine Treibhäuser wie schon lange nicht mehr. Kirsch- und Apfelbäumchen, extra für den Balkon gezüchtet, musste Dosch aus dem Verkauf nehmen. Doch auch wenn bei ihm im Laden momentan Flaute herrscht, grämt ihn das nicht allzu sehr. Wer es nicht mehr erwarten kann, bis die Sonne herauskommt, kann sich seine Lieblingspflanzen reservieren lassen. Bis dahin warten die ausgesuchten Geranien und Fuchsien dann in einem extra Gewächshaus.

Extrem vom Wetter abhängig sind auch die Landschaftsbauer. "Wir mussten unsere Mitarbeiter mindestens einmal pro Woche früher heimschicken", sagt Sylvia Zielinsky von der Garten- und Landschaftsbaufirma Werner Anderlik. So könnten die Gärtner wegen des nasskalten Wetters beispielsweise keinen Rasen ansäen, weil die Saatkörner bei der Kälte nicht keimen würden. Auch Rollrasen lässt sich nicht verlegen, wenn es zu nass und zu kalt ist, weil der Boden sonst zu sehr beschädigt werden würde. Um Terrassenplatten zu verlegen oder Zaunpfähle zu setzen, braucht es mindestens zehn Grad, sonst trocknet der Mörtel nicht. Und so müssen Aufträge verschoben und Kunden vertröstet werden. Bei größeren Neuaufträgen auch mal aufs Frühjahr 2018. "Die meisten zeigen Verständnis. Aufs Wetter hat niemand Einfluss", sagt Zielinski.

Statistiken: Viel Regen, wenige Menschen: der Viktualienmarkt noch vor Geschäftsöffnung an einem Tag Ende April.

Viel Regen, wenige Menschen: der Viktualienmarkt noch vor Geschäftsöffnung an einem Tag Ende April.

(Foto: Stephan Rumpf)

Das Problem mit den kälteempfindlichen Materialien haben auch die Dachdecker. Doch Robert Seebauer von der Dachdeckerei Sören Rödel in Pasing gibt sich gelassen: "Im Moment ist alles ganz normal bei uns." So lange es nicht gefriert, müssen die Dachdecker aufs Dach - zur Not mit einen Pulli zusätzlich. Wenn zu starker Regen verhindert, dass ein Dach abgedeckt werden kann, werden Aufträge in Innenräumen vorgezogen. Genug zu tun haben die Handwerker immer. Was sie tun, richtet sich nach der Wetterprognose.

Und wie sieht diese aus für den Mai? Alles so ganz neu wie es im Volksmund heißt, macht der Mai vorerst nicht. Am Samstag könnte es ein Zwischenhoch mit fast 20 Grad geben, mutmaßt der Meteorologe Leistert. "Aber es bleibt durchwachsen in den nächsten zehn Tagen." Längerfristige Prognosen möchte er nicht abgeben: "Das ist für mich Kaffeesatzleserei." Josef Jägerhuber geht da weiter. Der 91-jährige Hobby-Meteorologe aus Starnberg sammelt seit 1960 Wetterdaten. Weil seine Prognosen meistens stimmen, ist er ein gefragter Mann geworden. Er schätzt, dass der Mai insgesamt kühl bleibt. Auf wärmere Tage werde gleich Gewitter folgen. Doch: "Ich glaube, wir kriegen einen schönen, warmen und trockenen Sommer."

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