Zwei-Drittel-Mehrheit:Stadtrat will mehr Kontrolle

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Mehrheit stutzt die Rechte von Bürgermeisterin Eva John und halbiert ihr Budget

Von David Costanzo und Peter Haacke, Starnberg

Die weitaus meisten Kommunen in Bayern setzen auf eine Mustersatzung des Gemeindetages, die Zuständigkeiten, Befugnisse, Aufgabenbereiche und Eventualitäten im Verwaltungsapparat der Rathäuser regeln. Die Mehrzahl kommt mit diesen Regeln durchaus klar. Nicht so in Starnberg: Seit drei Jahren gibt es Auseinandersetzungen zwischen einer Mehrheit im Stadtrat und Bürgermeisterin Eva John um eine Überarbeitung der Geschäftsordnung für den Stadtrat. Ziel der Mehrheit ist, die Rechte des Gremiums zu stärken und die Kompetenzen der Bürgermeisterin zu beschränken.

Das Thema stand am Donnerstag erneut auf der Tagesordnung des Stadtrats. Zwar wurde der jüngste Entwurf mit diversen Änderungen, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit ohne Wenn und Aber befürwortet, ohne große Debatte durchgewunken. Doch wann die neuen Spielregeln für den Stadtrat Geltung haben werden, steht noch in den Sternen. Die Bürgermeisterin, aber auch WPS, BMS und FDP wollten die Entscheidung vertagen, weil sie die neue Fassung des 29-seitigen Entwurfs erst am Vorabend bekommen hätten.

Grund für die angestrebte Neufassung sind Unzulänglichkeiten in der bisherigen Fassung, die im Hinblick auf die besonderen Starnberger Verhältnisse in den vergangenen Jahren wiederholt für Verdruss im Stadtrat sorgten: Mehrfach tagte das ehrenamtliche Gremium bis weit nach Mitternacht. Doch auch früh am Morgen setzte John schon unter Missachtung von Fristen Sitzungen an. Die Liste der Unzulänglichkeiten ist lang: Die Stadträte klagen über unzureichende Informationen aus dem Rathaus, eigenmächtige Entscheidungen der Verwaltung bei Personalfragen, Entscheidungen zu Grundstücksgeschäften sowie unvollständige oder fehlende Sitzungsunterlagen. "Der Anlass ist kein erfreulicher", kommentierte Patrick Janik (UWG) den Antrag, denn der Stadtrat werde nicht ausreichend in Entscheidungen des Rathauses eingebunden.

Zuletzt habe die Bürgermeisterin den Feuerwehrbedarfsplan an einen Gutachter vergeben. Das sei zwar rechtmäßig gewesen - der Auftragswert lag unter 50 000 Euro -, aber eine wichtige Frage für die Stadt. "Da fehlt der Verwaltung, besonders der Bürgermeisterin, das Gespür." Und weil man das nicht per Gesetz verordnen könne, müsse man das Budget kürzen: Posten bis 50 000 Euro, über die John bislang selbständig entscheiden durfte, wurden im Entwurf um die Hälfte, teilweise aber auch mehr, gekürzt. Ende November lag die Neufassung der Geschäftsordnung vor. Danach sei Janik Monat für Monat um eine Stellungnahme aus dem Rathaus vertröstet worden, obwohl John zugesichert hatte, bis Ende März das Papier intern prüfen zu lassen.

WPS, BMS und FDP hingegen meinen, der Beschluss am Donnerstag sei unrechtmäßig. Das Vorgehen erinnerte Iris Ziebart (FDP) an eine Diktatur. Markus Mooser (WPS) warnte, Kompetenzen der Verwaltung in den Stadtrat zu verlagern. Das beschere dem höchsten Gremium der Stadt nur noch mehr Kinkerlitzchen auf den Tagesordnungen: "Da wird mir angst und bang." John sagte, der Verwaltung sei nicht zuzumuten, das Werk in so kurzer Zeit zu prüfen; das werde nachgeholt.

Mit der Neufassung der Geschäftsordnung werden Rechte und Pflichten von Stadtrat und Bürgermeister aufgrund der Erfahrungen passgenau auf die Starnberger Verhältnisse hin neu definiert. Der wohl wichtigste Satz der Novellierung findet sich gleich am Anfang: "Der Stadtrat ist die Vertretung der Gemeindebürger der Stadt Starnberg. Er kontrolliert die Stadtverwaltung und insbesondere auch die Ausführung seiner Beschlüsse."

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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