Regionalwerk Würmtal:Streng geheim

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Die Würmtalgemeinden Krailling, Planegg und Gauting haben ihre liebe Not mit der Vergabe des Stromnetzes. Denn nach der Pleite von 2013 muss im zweiten Anlauf alles klappen. Das bedeutet: absolutes Stillschweigen

Von Christiane Bracht, Würmtal

Noch ein teures Gerichtsverfahren wollen die drei Würmtalgemeinden Krailling, Planegg und Gauting nicht riskieren. Beim zweiten Anlauf, das Stromnetz zu vergeben, soll nun alles wasserdicht sein. Gleich mehrere Anwaltskanzleien sind in das Verfahren involviert. Sie legen großen Wert darauf, dass alles transparent abläuft und eine strikte Trennung zwischen dem kommunalen Unternehmen und dem Vergabeverfahren stattfindet. Im Dezember 2013 hatte das Oberlandesgericht München die bis dahin geschlossenen Verträge nämlich für nichtig erklärt, weil es den Eindruck hatte, dass schon weit vor der Konzessionsentscheidung feststand, wer den Zuschlag bekommen würde - nämlich das Regionalwerk Würmtal. Deshalb muss das Verfahren nun völlig neu aufgerollt werden.

Anders als beim ersten Mal sollen sich diesmal nicht die gesamten Gemeinderäte, sondern stellvertretend in jeder Kommune ein extra dafür eingerichteter Konzessionsausschuss mit der Vergabe des Stromnetzes befassen. Die Kraillinger und Gautinger haben bereits fünf Kommunalpolitiker auserkoren, die in den kommenden Monaten Kriterien erarbeiten sollen, nach denen das Netz vergeben wird. In Planegg steht die Entscheidung noch aus.

Solange das Verfahren läuft, dürfen die Mitglieder dieser Ausschüsse nicht mit anderen über das Thema Stromnetze reden - auch nicht innerhalb ihrer Fraktion. Alle Unterlagen sind streng vertraulich. Und anders als in den übrigen Ausschüssen gibt es für dieses Gremium auch keine Vertreter. Unterstützt werden die insgesamt 15 Gemeinderäte aus den drei Gemeinden von der Anwaltskanzlei Becker, Büttner, Held (BBH) und von den Rathausverwaltungen, natürlich nicht der gesamten, sondern nur je zwei bestimmten Mitarbeitern. Für eine Kommunikation untereinander muss ein extra EDV-System genutzt werden, zu dem nur der betreffende Kreis Zugang hat. "Nichts darf an die Öffentlichkeit gelangen. Der Ausschuss muss völlig abgeschottet sein", betonte Anwalt Oliver Eifertinger von der Kanzlei BBH. "Und die Bürgermeister dürfen auch keine Schlüssel haben, die ihnen die Möglichkeit geben, in den Akten nachzuschauen."

Die drei Rathauschefs Christine Borst (Krailling), Brigitte Kössinger (Gauting) und Heinrich Hofmann (Planegg) und je Kommune ein Gemeinderat sitzen nämlich im Aufsichtsrat des Regionalwerks Würmtal. Ihr Ziel muss demnach sein, das kommunale Unternehmen voranzubringen. Die Nutzungsrechte für die Stromnetze sind dabei ein wesentlicher Teil. Ohne die Interessen des Regionalwerks im Auge zu haben, könnten sie also gar nicht in das Vergabeverfahren gehen. Im Gemeinderat zählt die Mitgliedschaft in kommunalen Unternehmen jedoch nicht als Befangenheitsgrund, so dass sie, würde das gesamte Gremium über die Vergabe entscheiden, nicht ausgeschlossen werden könnten. Das wiederum ist ein kartellrechtliches Problem. Deshalb plädieren die beratenden Juristen nun unisono für die strikte personelle Trennung der beiden gemeindlichen Interessen. Sogar das Bundeskartellamt rät inzwischen zu dieser Verfahrensvariante in einem Leitfaden, der allerdings nicht rechtsverbindlich ist.

Die Kraillinger Gemeinderäte zeigten sich zunächst skeptisch, weil die wichtige Entscheidung über die Nutzung der Netze nicht von allen gewählten Vertretern getroffen wird, sondern nur von einem kleinen Teil. 14 ihrer Gemeinderäte dürfen nach dem von den Juristen präferierten Konzept überhaupt nicht mitreden. Kein Wunder, dass Richard Siebler (CSU) seine Kollegen warnte: "Vorsicht: Mit dieser Entscheidung entmachten wir uns selbst. Doch die Anwälte beruhigten die etwas aufgebrachten Kommunalpolitiker: Wenn die Kriterien für die Vergabe erarbeitet sind, habe der Gemeinderat ohnehin keine freie Entscheidung mehr, erklärte Eifertinger. Es muss strikt nach diesen Eckpunkten ausgewählt werden, wenn nicht wäre die Wahl nicht diskriminierungsfrei und damit angreifbar. Und so verzichteten einige Gemeinderäte mit ihrem Votum für die vorgeschlagene strikte personelle Trennung auf ihr persönliches Stimmrecht.

In einem ersten Verfahrensschritt sucht nun das Regionalwerk Würmtal mit Hilfe der Anwaltskanzlei Rödl & Partner nach einem geeigneten Partner, der das Stromnetz betreiben kann. Die Stadtwerke München, die man früher schon ausgewählt hatte, wurden per Gerichtsurteil bereits 2013 vom Regionalwerk wieder getrennt. Deshalb muss nun neu überlegt werden, und auch dieser Teil des langwierigen Verfahrens muss von vorne beginnen. Anwalt Christian Mathol schätzt, dass man bis zum Ende des Jahres vielleicht einen Partner gefunden haben wird. Danach werden er und seine Kollegen das Regionalwerk Würmtal bei der Bewerbung für die Nutzung der Stromnetze unterstützen.

Parallel dazu, aber völlig unabhängig, arbeiten die Konzessionsausschüsse von Planegg, Krailling und Gauting mit ihrer Anwaltskanzlei und den Rathausverwaltungen die gewünschten Kriterien für die Vergabe aus. Diese wird, wenn alles gut läuft im Frühjahr oder Sommer 2016 sein, schätzen die Juristen.

Die Besetzung der Konzessionsausschüsse Krailling: Richard Siebler, Hans Wechner (beide CSU), Martin Hoffmann (SPD), Werner Engl (Grüne) und Sebastian Sefzig (FDP). Gauting: Michael Vilgertshofer (CSU), Kirsten Platzer (Parteifrei), Anne Franke (Grüne), Julia Ney (SPD), Britta Hundesrügge (FDP)

© SZ vom 02.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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