Wolfratshausen:Offene Fragen nach dem Aus

Möbel Mahler-Betriebsrat schaltet Verdi und Anwalt ein

Von Claudia Koestler, Matthias Köpf, Wolfratshausen

Nirgends in Wolfratshausen ist die Sicht auf die Alpenkette so spektakulär wie aus dem zweiten Stock bei Möbel Mahler. Doch Kunden und Mitarbeiter des Einrichtungshauses haben an diesem Donnerstag kaum einen Blick übrig für das Bergpanorama. An den Tischen des Restaurants herrscht vor allem anderen nur ein Thema vor, wie überall im Haus: Das Aus. Wo nicht gerade Kunden in einem Verkaufsgespräch verwickelt sind, haben sich Mitarbeiter zwischen Teppichen und Matratzen in kleinen Gruppen zusammengetan. Die Blicke und Wortfetzen, die ans Ohr dringen, sprechen Bände. Von "Schock", "Katastrophe" und "ganz grauenvoller Situation" ist da die Rede, von "eledigem Gebaren" und "Gewinnsucht der Wirtschaft". Bei anderen herrscht eher ein fatalistisches Schweigen, wie die Ruhe nach dem Sturm.

Offiziell darf sich zwar keiner der Mitarbeiter vor der Presse äußern. "Tut uns leid, kein Kommentar, wir dürfen keine Stellungnahmen abgeben ist uns gesagt worden", erklären die Angestellten unisono. Nur um dann, ganz privat und nebenbei, doch zu sagen, "dass das natürlich alles andere als eine gute Situation" sei, in der man sich nun befinde. Als Mensch. Als Angestellter. Als langjähriger Mitarbeiter, mit der Marke und dem Standort verwurzelt. Wie es nun weitergeht, mit dem Haus und mit dem eigenen Job, das schwebe wie ein großes Fragezeichen über den meisten der Angestellten. "So Knall auf Fall zu erfahren, dass es Aus ist, und das auch noch kurz vor Weihnachten", grummelt ein Verkäufer und muss den Satz gar nicht weiter ausführen. "Ja mei, der Zeitpunkt ist wohl immer ungünstig", zuckt eine Kollegin mit den Schultern. Mehr als in der Zeitung stehe, würden auch sie derzeit nicht wissen, ergänzt eine junge Auszubildende.

Die Frage nach der Zukunft treibt nun vor allem auch den Betriebsratsvorsitzenden von Möbel Mahler in Wolfratshausen, Thomas Kohlert, um. In der kommenden Woche soll es eine Sitzung des Betriebsrats mit Vertretern der Gewerkschaft Verdi und einem Anwalt geben, der die insgesamt rund 260 Mitarbeiter in Wolfratshausen über die weitere Vorgehensweise berät, erklärt Kohlert. In Bopfingen sind 340 Kollegen betroffen. Am Freitag der kommenden Woche soll es dann zu einem Treffen in einem Konferenzraum am Münchner Flughafen kommen, bei dem Seniorchef Gerhard Mahler und Juniorchef Michael Mahler sowie deren Anwalt dabei sein werden.

Es werde von der Gegenseite, sagt Kohlert, derzeit auf eine schnelle Entscheidung gedrängt. Doch der Betriebsrat und Verdi wollen erst einmal die vielen einzelnen GmbHs innerhalb des Hauses von einem Sachverständigen überprüfen lassen. Neben den Sparten Verkauf, Logistik und Restaurant befindet sich nämlich offenbar auch die jeweilige Immobilie in einer eigenen Gesellschaft. Anders ließe sich diese sonst nicht ohne Betrieb und ohne Mitarbeiter veräußern. Und es müsse ermittelt werden, wie viel Betriebsvermögen vorliege. Denn nicht wenige Mitarbeiter seien schon recht lange bei Mahler beschäftigt und hätten deshalb teils ein halbes Jahr oder gar längere Kündigungsfristen. Wenn das Haus nun Ende Januar 2016 schließt, müsse die Frage geklärt sein, ob das Geld für die Lohnfortzahlungen und Abfindungen reicht, oder ob eine Insolvenz bevorsteht und die Mitarbeiter dadurch noch schlechter gestellt werden mit geringeren Abfindungen und verkürzten Kündigungsfristen.

Auch der Münchner verdi-Funktionär Georg Wäsler zeigt sich entsetzt über das geschäftliche Vorgehen Mahlers und einem Deal , der auf Kosten der Angestellten gehe. Denn Lutz werde "einen Teufel tun, auch nur einen Mitarbeiter zu übernehmen". Das nämlich wäre ein Eingeständnis eines Betriebsübergangs und nicht länger ein Immobiliengeschäft. So aber lasse sich Lutz von Mahler auch noch "die Drecksarbeit machen", sprich, er werde für Lutz die Mitarbeiter los, ärgert sich Wäsler. Deshalb sei "mit Sicherheit eine ausführliche Betriebsversammlung notwendig". Verdi und Betriebsrat müssten den Leuten "reinen Wein entschenken", wie viel oder wenig an Gehaltsfortzahlung und Abfindung noch zu holen ist. Das aber sei, befürchtet Wäsler, vermutlich "alles eine sehr bescheidene Angelegenheit".

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