Serie:Der Schilderpapst von Starnberg

Lesezeit: 2 min

Seit 24 Jahren ist Peter Weigl Chef der Werkstatt für die Verkehrszeichen im Betriebshof in der Kreisstadt. Der 59-Jährige und seine Mitarbeiter haben viel zu tun - die Schilder müssen laufend repariert werden.

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Starnberg

Peter Weigl hebt ein Halteverbotszeichen hoch. Mitten auf dem Schild prangt ein DHL-Aufkleber, großflächig mit Farbe besprüht. "Das Schild ist nicht mehr zu gebrauchen, das kann man nicht mehr entfernen", sagt der Facharbeiter im Betriebshof Starnberg. Weigl ist seit 24 Jahren Chef der Verkehrsschilder und Betriebshofleiter Peter Mayer, nennt ihn respektvoll den "Schilderpapst von Starnberg".

Denn ein Verkehrszeichen kann man nicht einfach wieder geradebiegen. Das Verwalten, Aufstellen und reparieren von Verkehrsschildern ist eine Wissenschaft für sich. Alles ist genau geregelt. Insgesamt 786 Seiten umfassen die "Hinweise zum Anbringen von Verkehrszeichen", kurz HAV. Das rund 5 Zentimeter dicke Buch ist die "Bibel" der "Taferl-Buam", wie die zuständigen Mitarbeiter betriebsintern heißen. Darin sind Festsetzungen aufgelistet, wie der Abstand zum Straßenrand, Dicke und Höhe der Pfosten oder welche Windlast die Verkehrszeichen aushalten müssen. Sogar für die Anzahl der Zeichen auf den weißen Zusatzschildern (immer mit einem schwarzen Rand, sonst sind sie ungültig), etwa bei einem Halteverbot zu bestimmten Uhrzeiten, gibt es exakte Vorschriften. Das Buch liegt in der Werkstatt. Ein weiteres Exemplar gibt es im Auto, der fahrbaren Werkstatt der "Taferl- Buam". Der 59-jährige Weigl muss nicht oft in seiner Bibel nachsehen. Die meisten Vorschriften hat er im Kopf. "Manchmal weiß ich mehr als andere", meint er bescheiden.

Peter Weigl ist der Herr über die Verkehrszeichen in der Kreisstadt. Seine Aufgabe ist es, sie nicht nur zu verwalten, sondern auch aufzustellen.s (Foto: Arlet Ulfers)

Dass Verkehrszeichen aus Spaß zerstört werden, kommt oft vor. Noch häufiger werden in der Kreisstadt die Pfosten von Verkehrsschildern umgefahren. In den Wintermonaten komme das zwei bis drei Mal pro Woche vor, sagt Weigl. Die eigene Werkstatt ist also voll ausgelastet. Sie ist eingerichtet worden, als der Betriebshof vor elf Jahren in den Neubau am Hanfelder Kreisel eingezogen ist. Auf einem riesigen Areal stehen neben den Marktbuden 60 Halteverbote mit Bodenplatten, 15 Voll- und 20 andere Absperrungen, die für große Veranstaltungen gebraucht werden. Für die Vorbereitungen zum Marktsonntag schuften die Taferl-Buam rund drei Stunden, um alle notwendigen Verkehrszeichen anbringen zu können. Dabei schleppen die Arbeiter ein Gewicht von insgesamt 1000 Kilogramm.

Hinter diesen Türen des Starnberger Betriebshofs arbeiten Peter Weigl und seine „Taferl-Buam“, wie seine Mitarbeiter genannt werden. Foto: Arlet Ulfers (Foto: Arlet Ulfers)

In der Werkstatthalle auf dem Gelände sind alle gängigen Verkehrszeichen sauber aufgereiht, wie Vorfahrt gewähren, Halteverbote, Stopp-Schilder oder Geschwindigkeitsbegrenzungen. Auch eine Werkbank steht dort, um die Pfosten, die als Meterware geliefert werden, auf die richtige Länge zuzuschneiden und die Schilder zu montieren. Aufkleber lassen sich nicht entfernen, sie beschädigen die retro-reflektierende Folie auf dem Verkehrszeichen. Manche Schilder werden deshalb zusätzlich laminiert mit einer abziehbaren Folie. Dann können sie zumindest teilweise repariert und wiederverwendet werden. Neu getestet wird derzeit eine spezielle Folie, auf der angeblich keine Aufkleber mehr kleben bleiben. Auch spezielle Halterungen werden in diesem Winter ausprobiert. Sie funktionieren ähnlich wie die Slalomstangen für Skifahrer und schnellen zurück, wenn sie angefahren werden. Für die Montage vor Ort brauchen die Taferl-Buam die fahrende Werkstatt im Auto. Sie ist komplett ausgestattet mit Schrauben, einem riesigen Hammer, Bolzenschneider und Zangen. Auch der "Maxi-Poller" steht griffbereit. Denn mindestens einmal pro Woche wird in der Maximilianstraße ein Poller umgefahren.

"Das verschlingt Unmengen an Geld", sagt Mayer. Wenn Verkehrszeichen aus Spaß zerstört werden, kostet das die Kommune je nach Schild 150 bis 200 Euro, ein neuer Poller rund 500 Euro. Das summiert sich. Der Etat von 130 000 Euro für Material und Arbeitsleistung wird laut Mayer jedes Jahr verbraucht.

© SZ vom 18.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: