Wieling:Verseuchter Boden wird zum Millionengrab

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Es geht um nur etwa 200 Meter der alten Bundesstraße 2 (rechts im Bild), doch die stecken voller giftiger Altlasten. Die Entsorgung wird teuer. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Bei Probebohrung für den Bau des Wielinger Gewerbegebiets werden polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe entdeckt. Die Entsorgung wird teuer. Nun bahnt sich ein Streit über die Haushaltslage der Gemeinde an

Von Otto Fritscher, Wieling

Das geplante Gewerbegebiet in Wieling entwickelt sich für die Gemeinde Feldafing immer mehr zu einem Problemfall. Manche sprechen hinter vorgehaltener Hand sogar schon von einem Millionengrab. Denn die Kosten steigen immer weiter, jüngste Schätzungen gehen von einem Betrag von 1,6 Millionen Euro für die Erschließung des Areals in der Nähe des Gasthofs "Zur Linde" aus. Ursprünglich war von einer halben Million Euro die Rede gewesen. Der Grund für die Kostenexplosion: Bei Bodenuntersuchungen für die Zufahrtsstraße, die von der B2 aus in das Gewerbegebiet führen soll, wurde kontaminiertes Erdreich gefunden, das durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAK) verseucht ist.

"Das giftige Zeug stammt höchstwahrscheinlich vom Teerasphalt der alten Bundesstraße, wie die Bohrungen ergeben haben", stellte dritter Bürgermeister Roger Himmelstoß (CSU) in der Gemeinderatssitzung am Dienstag fest. Im Klartext bedeutet das, dass das Erdreich wohl ausgebaggert und fachgerecht entsorgt werden muss. "Diese Altlastenentsorgung müssen wir ordentlich machen", stellte Himmelstoß klar. Allerdings könne dies "Konsequenzen haben, die wir lieber nicht öffentlich besprechen", so Himmelstoß vage. Für FDP-Vertreterin Sigrid Friedl-Lausenmeyer sind "die Kosten der helle Wahnsinn". Laut Bürgermeister Bernhard Sontheim (Bürgergruppe), der an der Sitzung krankheitsbedingt nicht teilnahm, kostet allein die Entsorgung des verseuchten Erdreichs "zwischen 850 000 Euro und einer Million."

Ein Betrag, den die Gemeinde nicht so ohne weiteres aufbringen kann. So scheint sich ein Streit über die finanzielle Situation der Gemeinde Feldafing anzubahnen. Während Sontheim deren "finanzielle Leistungsfähigkeit auf Dauer nicht gefährdet" sieht, nennt sein Vertreter Roger Himmelstoß (CSU) im Gespräch mit der SZ die Situation "kritisch". Der Schuldenstand der Kommune sei so hoch, dass das Landratsamt keine weitere Kreditaufnahme mehr genehmigen werde. "Wie kriegen wir das dann finanziert", fragt sich Himmelstoß. Er sieht ein "Riesendilemma". Die Gemeinde habe "finanziell null Puffer für den Fall, dass wie jetzt etwas dazwischen kommt." Es sei einfach "alles gleichzeitig angefangen worden, weil der Herr Sontheim sich als Macher profilieren will." Himmelstoß bringt sogar einen Baustopp ins Spiel.

Eine Überlegung, die Sontheim vehement zurückweist. "Wenn wir das Projekt aussetzen und das Gelände so liegen lassen, dann haben wir einen Schaden von deutlich mehr als einer Million Euro." Diesen Betrag habe die Gemeinde in Grunderwerb, Gutachten, den Bau eines Rückhaltebeckens beim Egelsee und für andere vorbereitende Maßnahmen für die Erschließung schon ausgegeben. Zudem bestünde dann die Gefahr, "dass die Firmen, die auf die Grundstücke warten, uns wieder abspringen." Bekanntlich will etwa die Starnberger Firma Pacsys, die Gebinde für Arzneimittel herstellt, aus der Kreisstadt nach Wieling umziehen.

Sontheim sieht als Finanzierungsmöglichkeit eine "kurzfristige Kreditaufnahme, die wir durch den Verkauf der Grundstücke im Gewerbegebiet refinanzieren". Außerdem seien Grundstücksverkäufe möglich, die zwar schon beschlossen seien, sich aber aus diversen Gründen verzögert hätten. Die Gemeinde sei liquide, die eine Million für den Bahnhofsvorplatz, der derzeit neu gestaltet wird, sei gesichert.

Und Sontheim bezeichnet es als "Witz, dass wir als Kommune für die Entsorgung des Drecks aufkommen müssen, den der Bund damals verbaut hat." Und er fügt hinzu: "Wir haben nun die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub." Der Gemeinderat hat in der nächsten Sitzung die Wahl, denn am Dienstagabend waren nur neun von 17 Gemeinderäten anwesend. Zu wenige, um eine so weitreichende Entscheidung zu treffen, wie Roger Himmelstoß befand.

© SZ vom 23.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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