Weßling:"Wir haben ein mittleres Chaos"

Diskussion über die Unterbringung von Asylbewerbern; Asyldiskussion im Pfarrstadel

Alle Stühle sind besetzt im Weßlinger Pfarrstadel, als Landrat Karl Roth über die Unterbringung von Asylbewerbern im Ort informiert.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Landrat Roth wirbt in Weßling um Solidarität mit den Flüchtlingen. 150 sollen in der Turnhalle Notquartier beziehen

Von Patrizia Steipe, Weßling

Seit gestern wird in der Weßlinger Turnhalle ein Schutz für den Hallenboden verlegt, heute sollen bereits die Betten aufgestellt werden und in einer Woche die ersten von rund 150 Flüchtlingen das Notquartier beziehen. Bis dahin sollen ankommende Flüchtlinge im alten Feuerwehrhaus unterkommen. Die Informationen, die Landrat Karl Roth bei einer Infoveranstaltung im Weßlinger Pfarrstadl überbrachte, lösten Betroffenheit aus. Der Saal war übervoll, bis auf den Gang standen die Bürger und folgten dem bewegenden Bericht des Landrats, der mit der Feststellung endete: "Wir haben ein mittleres Chaos." Das Landratsamt fahre im "Krisenmodus", denn wöchentlich müssen 38 neue Flüchtlinge aufgenommen werden.

Die Turnhalle sei als Provisorium gedacht, betonte Roth. Mitte November soll die erste Wohncontaineranlage in Herrsching eröffnen. Dann soll auch die Turnhalle wieder frei werden. Bis dahin setzt er auf die Solidarität der anderen Sportvereine. Neun Vereine hätten bereits konkrete Hilfe für die Weßlinger Sportler angeboten. "Für die Handballer gibt es noch keine Option", bedauerte Roth. Das Landratsamt werde sich aber um eine Alternative kümmern. In der Halle sollen zwei Drittel der Fläche mit Betten belegt werden, das freie Drittel soll als Gemeinschaftsraum genutzt werden. Hier könnten beispielsweise Deutschkurse abgehalten werden. Für die Flüchtlinge gibt es Catering und Essenspakete. Es gibt Hausmeister, Reinigungskräfte und Sicherheitsleute. Um welche Flüchtlinge es sich handeln wird, das wissen wir erst, wenn sie da sind", so Roth. Damit die Turnhalle später nicht wieder zweckentfremdet werden muss, sucht der Landkreis in Weßling auch nach einem Grundstück, auf dem Wohncontainer aufgestellt werden können. Was die Betreuung der Flüchtlinge betreffe, so sei das Landratsamt personell überfordert, gab Roth zu. Deswegen seien die Helferkreise so wichtig. In Weßling hat die Nachbarschaftshilfe diese Aufgabe übernommen. Zum Gründungstreffen waren bereits 43 Interessierte ins Seehäusl gekommen. Die Helfer möchten sich um Deutschkurse, Kleiderspenden oder Patenschaften kümmern. Weitere Ehrenamtliche können sich an die Nachbarschaftshilfe wenden. Der Helferkreis hat auch ein "Empfangskomitee" bestimmt, das regelmäßig beim Bahnhof vorbeischaut, da die Flüchtlinge unangemeldet mit der S-Bahn anreisen werden.

Sorgen bereiten dem Landratsamt die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge. Jugendamtsleiterin Rosemarie Merkl-Griesbach berichtete von einem Soll von 130, für die es "definitiv keine Jugendhilfeplätze mehr gibt". Eventuell soll das Alte Feuerwehrhaus für sie ertüchtigt werden, "eine menschenunwürdige, heruntergekommene Bruchbude", wie viele Weßlinger vorwurfsvoll in den Raum riefen. Am liebsten hätten einige Weßlinger gleich eine Patenschaft für einen jungen Menschen übernommen oder diesen als Pflegekind aufgenommen. Beim Jugendamt habe man dafür offene Ohren. Zum Schluss meldete sich Bürgermeister Michael Muther zu Wort: "Ich bitte unsere Bürger, die Leute offen und ohne Vorurteile aufzunehmen."

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