Weßling:Posen von Schablonenwesen

Bertram Zöhl stellt in der Galerie Risse seine Bilderzyklus "Die Individualisten" aus. Die Einzigartigkeit der Figuren ist manchmal nur schwer zu erkennen - und das ist Absicht.

Patrizia Steipe

Weßling Galerie Risse

Die Gemälde des Münchner Künstlers Bertram Zöhl wirken surrealistisch - unwirklich und traumhaft. Hier sein Werk "Freundschaften". Foto:Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

Weßling- Die Figuren sind alle gleich, oder doch nicht? So genau ist das auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Der Titel der Gemäldeausstellung von Bertram Zöhl in der Weßlinger Galerie Risse verunsichert. "Die Individualisten" nennt der Münchner Künstler und Bühnenbildner seinen Bilderzyklus. Dabei scheinen die Bilder das genaue Gegenteil zu sein. Gesichtslose Gestalten turnen, laufen und reiten über die Leinwand. Das Ganze wirkt surrealistisch - unwirklich und traumhaft.

Auf manchen Bildern unterscheiden sich die Posen der Schablonenwesen, in anderen wiederum meint man beliebig sich verdoppelnde Klone zu erblicken, die unablässig aus einem unsichtbaren Vervielfältiger ausgespuckt werden. Zum Beispiel die grazilen Ballerinen auf dem Bild "Schwanensee". Stramm stehen die Silhouetten kleiner Tänzerinnen auf den goldglänzenden Strahlen, die aus einem außerhalb des Bildes liegendem Zentrum entspringen.

"Anders und einzigartig" - so lautet die Definition von "Individualist" im Wörterbuch. Auf den Gemälden Zöhls haben sich die Figuren zu einer anonymen Menge vereint. Hier die in einer Yogaposition verrenkten Leiber, dort die in exaltierter Pose verharrenden Männchen. Fließbandmenschlein, eine gleichförmige Masse ohne jegliche Individualität, so möchte man meinen. Und doch ist da was. "Allein gehst du unter, nur im Kontext mit den anderen wirst du zum Individualisten werden", soll Bertram Zöhl einmal gesagt haben. Seine mit der Schablone auf einen einfarbigen Hintergrund aufgetragenen Formen hat er anschließend noch ein wenig mit dem Pinsel nachbearbeitet. Kaum sichtlich sind die dadurch entstandenen kleinen Unterschiede, die den Motiven nicht nur Plastizität, sondern auch ihre verhaltene Individualität verleihen. Bei manchen Bildern ist es anders und endlich wagt eine Figur auszubrechen. Synchron turnen bei "fliehende Reiter" die Menschen auf dem Rücken ihres Pferdes. Sie scheinen fast schon in dem kraftvollen Orange breiter Farbstreifen aufzugehen, konturiert von einem kontrastreichen blauen Hintergrund. Aus dieser Einheit ist ein Reiter ausgebrochen. Er und sein Pferd sind grün und wenden der Gruppe den Rücken zu.

Aber es sind nicht nur diese rätselhaften Männchen, die bei Bertram Zöhls Bildern auffallen. Es sind auch die Farben. Der Maler verwendet für seine Bilder meist nur zwei sehr kräftige Farben, Komplementärfarben, die auf der Grauskala, dem Maßstab der Farbhelligkeit, den gleichen Farbwert haben. Das erzeugt einen eigenartigen Effekt, den man besonders gut auf dem Bild "Dreieck" erkennen kann. Auf dem Gemälde turnen die Figuren akrobatisch auf Leitern und Stangen. Ein hellerer Schattenriss verdoppelt die Szenerie. Bei längerem Hinsehen fängt das Bild zu flirren an und ein ähnlicher Effekt wie man es bei Kippbildern kennt, setzt ein. Das Bild gewinnt an Tiefe, Hintergrund und Vordergrund wirken beliebig und austauschbar. Den gewollten Effekt hat der Künstler zuvor durch langwieriges Ausprobieren der am besten miteinander korrespondierenden Komplementärfarben erzielt.

Die Ausstellung in der Galerie Ildiko Risse, Weßling, Hauptstraße 57, ist noch bis zum 2. Dezember zu besichtigen. Öffnungszeiten sind donnerstags bis sonntags von 14 bis 17.30 Uhr.

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