Verkehr:Zurück in die Zukunft

Die Starnberger Stadträte legen einen Rückwärtssalto in der Verkehrsplanung hin. Nun sollen endlich wieder die Fachbehörden in die Beratungen über B2-Tunnel und Umfahrung eingebunden werden. Eine weitere Prüfung der ortsnahen Variante ist jedoch vom Tisch

Von Peter Haacke, Starnberg

Die Uhren werden zurück gestellt, die Debatte über eine Verkehrsentlastung der Stadt Starnberg wird fortgesetzt an einem Punkt, der bereits 2014 erreicht schien: Der von Bürgermeisterin Eva John ins Leben gerufene "Projektausschuss Verkehrsentwicklung" hat am Donnerstag nach nahezu dreistündiger, teilweise hoch emotional geführter Debatte beschlossen, dass mit den zuständigen Fachbehörden endlich zielführende Gespräche über Realisierungschancen und Finanzierungsmöglichkeiten von B2-Tunnel und verschiedenen Umfahrungsvarianten geführt werden sollen. Zudem sollen - wie bereits im Juni 2014 beschlossen - "alle bisherigen wesentlichen Anträge und Beschlüsse zu diesem Thema den Stadtratsmitgliedern zur weiteren Beratung vorgelegt werden". Diesem Beschluss war John nie nachgekommen und hatte stattdessen ihre Idee eines "Verkehrsentwicklungsplans" (VEP) vorgelegt.

Die am Donnerstag mit knapper 7:6-Mehrheit gefällte Entscheidung des Ausschusses stellt eine Zäsur zum umstrittenen Thema um die bestmögliche Entlastung Starnbergs vom Durchgangsverkehr dar. Ermöglicht hatte diesen Schritt Bürgerliste-Chef Walter Jann, der seit 25 Jahren für den Bau einer ortsfernen Umfahrung Starnbergs wirbt. Entscheidend für das Votum von CSU, UWG, SPD, Grünen, Parteifreien und Bürgerliste war die Präsentation verschiedener Versionen einer ortsnahen Umfahrung durch das Ingenieurbüro SHP (Hannover): Je nach Variante benötigt die Trasse einen 1,4 Kilometer langen Tunnel oder eine Kombination aus Tunnel und Hochbrücke über Bahnlinie und Gautinger Straße hinweg. Zu den Kosten machte SHP ebenso wenig Angaben wie zum konkreten Verlauf der Trasse oder zum Zeitplan. Weitere Daten sollen in drei Wochen vorliegen. SHP-Geschäftsführer Jörn Janssen deutete jedoch an, dass für eine Realisierung "Häuser fallen" müssten. Im Klartext: Es wären langwierige Verhandlungen sowie Enteignungsverfahren zu erwarten.

Die Reaktionen im Gremium, aber auch unter den etwa 50 Zuhörern, waren überwiegend ablehnend. Stefan Frey nannte die Trasse eine "absolute Unsinnsplanung", als politischen Irrwitz bezeichnete Patrick Janik (UWG) den Vorschlag und forderte die Vorlage des exakten Streckenverlaufs. Martina Neubauer (Grüne) empfahl, kein Geld auszugeben für weitere Untersuchungen, "weil es unsinnig ist". Christiane Falk (SPD) empfand die Planung nicht als Schreckgespenst, sondern als "Erschreckungsvariante", und Angelika Kammerl (Parteifreie) brachte die Sache schließlich auf den Punkt: "Der Großteil hier lehnt diese Trasse ab." Vertreter von BMS und WPS dagegen plädierten unbeirrt für weitere vertiefende Untersuchungen.

Zuvor hatte SHP Untersuchungsergebnisse präsentiert, wonach Rheinlandstraße, Riedener Weg, Otto-Gaßner- und Max-Emanuel-Straße vor allem abends schwer belastet sind - wahrlich keine neue Erkenntnis. Bürgermeisterin John informierte über bereits vergebene Aufgabenpakete zur Erstellung des VEP an SHP mit einem Auftragsvolumen von bislang etwa 158 000 Euro. Für weitere Aufträge müssen von jetzt an die zuständigen Gremien eingebunden werden. Auch das langwierige Prozedere um die Freigabe der Wittelsbacherstraße wurde rekapituliert. Die Debatte zur Verkehrsführung in der Innenstadt wurde in den Stadtrat vertagt, was Bürgermeisterin John missfiel. Entscheidendes Gewicht aber dürfte der CSU-Antrag haben, künftig zuständige Behörden und genehmigende Stellen bei Verkehrsfragen stets von vornherein einzubinden. Der Ausschuss tagt voraussichtlich erst wieder am 25. Oktober.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: