Überwachungskamera in Stockdorf:Big Brother vor dem Hauseingang

Bewohner eines Stockdorfer Mietshauses fühlen sich ausgespäht: Nahe ihrer Haustür ist eine Überwachungskamera mit großem Schwenkradius angebracht. Wer garantiert, dass diese nicht auch Bilder von ihnen aufzeichnet?

Christian Deussing

Ursula und Gregor Thiel wohnen in einem Stockdorfer Miethaus und fühlen sich beobachtet und ausgespäht. Denn am Rad- und Gehweg in der Gautinger Straße nahe ihrer Haustür - vor dem Eingang der Sicherheitstechnikfirma "Schmid Alarm" - steht ein Laternenmast mit Halteverbotsschild. Im Gehäuse aber befindet sich eine hochsensible Kamera mit großem Schwenkradius, wie sie auch auf Tankstellen, in Kaufhäusern und militärischen Sicherheitsbereichen verwendet werden. Installiert hat die Anlage die Alarmfirma selbst, die auch Vermieterin des Anwesens ist.

Stockdorfer Überwachungskamera

Sieht aus wie eine Lampe, ist aber eine Überwachungskamera.

(Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

"Diese Überwachungskamera greift in unsere Privatsphäre ein", fürchten die Eheleute. Misstrauisch ist auch ein weiterer Mieter in dem Gebäude mit gläsernem Treppenhaus: Dem 49-Jährigen ist unbehaglich, weil das Kameraauge wohl auch die Einfahrt zur Tiefgarage im Visier habe.

Erstaunt reagiert eine 39-jährige Stockdorferin, die häufig an dem Wohn- und Geschäftshaus vorbeiradelt. "Ich habe die Videokamera noch nie bemerkt, die ist in der Laterne gut getarnt", sagte die Mutter der SZ. Sie findet den Standort "ziemlich eigenartig" und ist sich jetzt nicht sicher, ob ihre Fahrten zwischen eigener Wohnung und dem Baierplatz von "Big Brother" erfasst werden. Die Stockdorferin fragt besorgt: "Was geschieht eigentlich mit diesen Daten und Aufnahmen?"

Der Seniorchef des Unternehmens, Rudolf Schmid, versicherte auf Anfrage der SZ, dass diese Kamera ohne Web-Fernübertragung nur den Firmenparkplatz und Büroeingang überwache und so auch "nachweisbar eingestellt" sei. Es werde kein Mietereingang, privates Treppenhaus oder öffentlicher Bereich erfasst. Auch die Tiefgarageneinfahrt sei nicht betroffen, betonte Schmid.

Nach seinen Angaben sind die Einstellungen per Passwort geschützt und könnten nur über den Datenschutzbeauftragten seiner Firma verändert werden. Die gespeicherten Bilder würden nach etwa fünf Tagen gelöscht, so Schmid. Er stellt zudem klar, dass selbstverständlich die Datenschutzgesetze eingehalten würden. So gebe es auf dem Parkplatz auch Hinweisschilder auf die Videoüberwachung.

Mieterin Ursula Thiel hatte die unliebsame Kamera vor kurzem in der Stockdorfer Bürgerversammlung angesprochen, war dort aber auf wenig Resonanz bei Gautings Rathauschefin Brigitte Servatius gestoßen. Denn dieser Streit müsse mit dem Vermieter geklärt werden, sagte Servatius.

Die Gemeinde hat jedenfalls keine Handhabe, diese genehmigungsfreie Überwachungskamera zu prüfen und deren Einstellungen zu kontrollieren. Darauf verweist der Rathaus-Geschäftsleiter Joachim Graf und fügt an, dass dieser Firma zu vertrauen sei.

Wenn die Thiels dennoch misstrauisch bleiben, könnten sie das Landesamt für Datenschutzaufsicht einschalten. Das würde dann womöglich die Firma auffordern, den Zweck und das Blickfeld ihrer Kamera plausibel zu erklären.

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