Tutzing/Gilching:Glyphosat im Visier

Traubing Dorfstadl Buttlerhof

Rudolf Krug fühlt sich dem Umweltschutz besonders verpflichtet.

(Foto: Georgine Treybal)

Grüne in Tutzing kämpfen gegen bedenkliches Pestizid

Die Grünen haben sich den Kampf gegen Glyphosat auf die Fahnen geschrieben, einen Pestizidwirkstoff in Pflanzenvernichtungsmitteln mit umfassender Breitenwirkung. Nachdem sich die Bundestagsfraktion im Sommer 2015 nicht mit Totalverboten des giftigen Wirkstoffes durchsetzen konnte, von dem allein Deutschland mehr als 5000 Tonnen jährlich ausgebracht werden, setzt die Partei jetzt auf die Vorreiterrolle der Kommunen. Wenigstens sie sollen keine glyphosathaltigen Pflanzenschutzmittel mehr einsetzen. Tutzing verwendet das Pestizid schon seit Jahren nicht mehr auf öffentlichen Flächen. Umstritten ist aber, Landwirte und Privatgärtner zum Verzicht anzuhalten.

Das forderten die Grünen Gemeinderäte Räte Bernd Pfitzner und Christine Nimbach jetzt mit einem Antrag im Umweltausschuss. "Längst geschehen", konterte Bürgermeister Rudolf Krug, der sich als Mann der ÖDP dem Umweltschutz besonders verpflichtet fühlt. Mario Menzinger, im Tutzinger Bauhof zuständig für alle Gartenarbeiten, erklärte, Glyphosat werde seit zwei Jahren nicht mehr auf öffentlichen Flächen am Ort eingesetzt. Das Mittel, das die Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation im vergangenen März als "wahrscheinlich krebserregend bei Menschen" eingestuft hat, habe sowieso nur drei Wochen lang gewirkt. Jetzt setzt man auf heißes Wasser, um Unkraut zu bekämpfen. Vier Mal im Jahr werden Löwenzähne und Co. überbrüht. So sterben die Wurzeln ab. "Und mit der Zeit wird's weniger", so Menzingers Erfahrung, Weil das bisherige Heißwassergerät für große Flächen nicht ausreiche, soll nach Krugs Worten für 40 000 bis 50 000 Euro ein größeres angeschafft werden. Auch am Friedhof sind umwelt- und pflanzenschädigende Mittel laut Satzung untersagt. Nicht einigen konnte sich der Ausschuss aber auf weitergehende Forderungen im 12-Punkte-Antrag der Grünen. Etwa das Ausbringen von Klärschlamm und Kunstdünger und den Umbruch von Grün- zu Ackerland zu verbieten. Öko-Landwirt Martin Pulfer befürchtet durch derartige Maßnahmen eine Wettbewerbsverzerrung, in die seine konventionell arbeitenden Kollegen geraten könnten. Den Umwelt- und Gewässerschutz sieht der ÖDP-Gemeinderat schon durch EU-Richtlinien ausreichend geregelt. Statt auf Verbote zu setzen plädiert er für ein Bonussystem. Wer auf Glyphosat verzichtet, könnte mit einer reduzierten Pacht belohnt werden, so sein Vorschlag. Er werde mit den Landwirten sprechen, welche Mittel sie eigentlich verwendeten. Pächter gemeindlicher Flächen wie die Schrebergärtner oder gar Privatgärtner zu ökologischem Gartenbau zu verpflichten hält Thomas von Mitschke-Collande (CSU) für "etwas ideologisch". Das komme ihm vor, wie der fleischfreie Tag in Kantinen, mit dem die Grünen Bürger zum Vegetarismus anhalten wollten und sich erheblichen Unmut zugezogen hatten. Es zog auch Pfitzners Argument nicht, Tutzing könne als "Glyphosatfreie Gemeinde" auf seiner Homepage Werbung machen, so wie mit dem Slogan "Frackingfreie Gemeinde". "Da können wir uns auch für atomfrei erklären", stellte Mitschke-Collande derartig beliebige Klassifizierungen in Frage. Krug stellte klar, dass die Gemeinde nur Vorbildfunktion übernehmen und an die Bürger appellieren könne, nicht jedes Gift aus den Bau- und Gartenmärkten auszubringen. "Aber wir können keine Vorschriften für den Privatraum erlassen", machte er deutlich. Stefanie von Winning erwähnte den Tutzinger Obst- und Gartenbauverein. Die erfahrenen Mitglieder gäben gern Tipps, was nützlich gegen Unkraut und Schädlinge ist. Ein Beschluss zu diesem Thema wurde vertagt.

Auch in Gilching fordern die Grünen, den Einsatz von glyphosathaltigen Pflanzenschutzmitteln zu verbieten. Hierbei will Gemeinderat Herbert Gebauer in einem Antrag für die Ratssitzung am 16. Februar wissen, ob und in welchem Umfang zum Beispiel der Bauhof das womöglich krebserregende Pflanzengift oder andere Pestizide auf gemeindliche Flächen in Gilching einsetzt. Sollte dies der Fall sein, müsse diese Praxis beendet oder zumindest begründet werden, warum darauf nicht verzichtet werden könne, erklärt Gebauer. Er verlangt auch, dass Pächter von gemeindeeigenen Flächen auf Pestizide verzichten müssten und zudem die Satzungen von Friedhöfen entsprechend anzupassen seien.

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