Tutzing:Von der SS gejagt und ermordet

Ausstellung in Tutzing erinnert an Albrecht Haushofer

Seine Heimat lag auf dem Höhenrücken zwischen Pähl und Andechs, gewirkt hat Albrecht Haushofer in Berlin. Privilegiert geboren, bestens ausgebildet und von der neu aufsteigenden NS-Macht protegiert, ist sein Ziel das Amt des Deutschen Außenministers. Doch je näher er in das Zentrum der Macht rückt, desto klarer wird die Erkenntnis, dass dieser Weg nicht der richtige sein kann. Albrecht Haushofer wählt den Widerstand. In der Nacht zum 23. April 1945 wird er in Berlin von einem Kommando der SS ermordet. Wenige Tage bevor der Zweite Weltkrieg sein Ende nimmt. Er zählt zum Kreis der Mitwisser des Attentats vom 20. Juli 1944. Ein Todesurteil gibt es nicht. Haushofer ist 42 Jahre alt.

Sein jüngerer Bruder Heinz findet die Leiche drei Wochen später mit der Hand an der Brusttasche des Mantels. Darin zusammengefaltete Blätter mit Gedichten. Eines trägt den Titel Heimat: "Man hat mich über meine Flucht befragt,/warum ich nicht den Weg zum Rhein genommen,/zur nahen Schweiz den jungen Strom durchschwommen,/bevor man gründlich erst nach mir gejagt./Ich wollte nicht aus meiner Heimat gehen,/sie schien mir lange guten Schutz zu gönnen./Dann hat auch sie mich nicht mehr bergen können./Ich werde lebend kaum sie wiedersehen . .

." Das Gedicht in Sonettform gehört zu einem Zyklus von 80 Gedichten, die Albrecht Haushofer während seiner Gefangenschaft im Berliner Gefängnis Moabit verfasste. Veröffentlicht wurden sie erstmals 1946 unter dem Titel "Moabiter Sonette". Die Originale werden von dieser Woche an einen festen Platz im Münchner NS-Dokumentationszentrum haben. Gründungsdirektor Professor Winfried Nerdinger wertet sie als einzigartiges Zeugnis eines Mannes, der sich vom Nationalsozialismus abwandte und schließlich von der SS ermordet wurde.

Eine Ausstellung im Tutzinger Rathaus beleuchtet das Leben des promovierten Geografen. Seine Heimat war der Hartschimmelhof auf dem Höhenrücken zwischen Andechs und Pähl. Noch heute ist der Hof in Familienbesitz. Im vergangenen Jahr übernahm ihn die vierte Generation. Hierher flieht Albrecht Haushofer, als das Attentat vom 20. Juli gescheitert war. Mit der Unterstützung einiger mutiger Mitbürger gelingt es ihm, sich immerhin sieben Wochen vor den Häschern Hitlers zu verstecken. Wesentlichen Anteil daran haben die Benediktinerin Symphorosa Kohler vom Klostergut Kerschlach und der Arzt Dr. Martin Otto mit seiner Frau Elisabeth. Sie beweisen Zivilcourage und Mut und organisieren ein Netzwerk von Helfern, die Haushofer in unterschiedlichen Schlupfwinkeln, darunter ein Stadel auf Kerschlacher Flur und der Kirchturm in Machtlfing, versorgt. Am 18. September 1944 wird's eng. Ein Kommando der SS durchkämmt die Gegend. Schwester Symphorosa und das junge Ehepaar Otto werden verhaftet, dem gesuchten Widerstandskämpfer gelingt die Flucht auf einen Bauernhof bei Garmisch, wo ihn die Gestapo schließlich Anfang Dezember aufspürt.

Albrecht Haushofer: Literat, Wissenschaftler, Widerstandskämpfer, Rathaus Tutzing, bis 3. Juli.

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