Tutzing:Viel Schweiß, viel Ehr'

Die Tutzinger Gilde feiert bei tropischen Temperaturen ihren 40. Geburtstag mit einem großen Festzug. Bürgermeister Rudolf Krug verleiht dem Verein, der ein "beispielgebender Integrationsfaktor an unserem Ort" sei, den Hausenstein-Preis

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Unter das Gwand der Frauen von der Tutzinger Gilde gehört eigentlich ein Unterrock. Am Festsonntag bei 35 Grad verzichteten viele weibliche Mitglieder freilich auf dieses Beiwerk. Otterhauben und enge Mieder waren schon heiß genug. Beim Festgottesdienst vor der gleißenden Seekulisse im Kustermannpark drängten sich die gut 800 Trachtler und Gäste in den Schatten der Bäume. Beim Festzug mit zahlreichen hübsch herausgeputzten Abordnungen aus Nachbarorten vom See, aus München, Weilheim und Murnau waren Schirme gefragt. Im dampfigen Festzelt ließ es sich Bürgermeister Rudolf Krug dann trotzdem nicht nehmen, zur Verleihung des Hausenstein-Kulturpreises an die Gilde nochmal in seinen Trachtenjanker zu schlüpfen. Der Festakt bildete den Höhepunkt des mehrtägigen Programms, mit dem der Verein Tutzinger Gilde - eingebettet in das Volksfest - seinen 40. Geburtstag beging.

Ein Hoagascht, Kasperltheater für Kinder und am Samstag die vier originellen Burschen von "Kofelgschroa" aus Oberammergau, die 400 Gäste im Festzelt auf der Lindlwiese mit hintersinniger Volksmusik in ihren Bann zogen - der Festausschuss um Hubert Beer, Marion Fröhlich und Andi Weigmann hat sich gemeinsam mit den Jungen Menschen Tutzing mächtig ins Zeug gelegt. Verborgen blieb allerdings Maxi Pongratz, dem barfüßigen "Kofelgschroa"-Mann am Akkordeon, wer denn nun eigentlich diese Gilde ist. "Vielleicht sowas wie die Loreley vom Starnberger See?", sinnierte er auf der Bühne.

Carola Falkner gab darauf am Sonntag eine umfassende Antwort. Die temperamentvolle Gildemeisterin unterstrich die Bedeutung des 260 Mitglieder starken Vereins in Tutzing, dessen jüngstes Mitglied gerade mal zwölf Wochen alt ist und dem auch Pfarrer Peter Brummer angehört. 44 Männer gründeten am 13. Januar 1975 im Seehof die Gilde, zur Wiederbelebung der beliebten Fischerhochzeit. "Aber die Gschicht is weiterganga", freut sich Falkner. Nicht nur, dass bald die "weitsichtige Entscheidung" gefallen sei, auch Frauen aufzunehmen. Nach und nach entstanden ein Volkstanzkreis, Kinder-, Jugend-, Plattler- und eine Vorderladergruppe und ganz neu eine Bläsergruppe. Die Gilde richtet das Tutzinger Seefest aus, das nächste am 18. Juli, und marschiert voller Stolz alle zwei Jahre beim Oktoberfestumzug mit. Landrat Karl Roth erinnerte daran, dass die Tutzinger auch schon in Taiwan den Landkreis repräsentierten.

Genug Gründe für die Gemeinde, der Gilde den seit 2007 alljährlich verliehenen Kulturpreis zu verehren. Benannt ist er nach Wilhelm Hausenstein, einem bedeutenden Kunsthistoriker und Schriftsteller aus Tutzing, der unter der Nazidiktatur verfolgt wurde. Erstmals wurde jetzt der mit 2000 Euro dotierte Preis in der Kategorie Brauchtum vergeben. In seiner Laudatio hob Bürgermeister Krug den sozialen Zusammenhalt hervor, den die Gilde durch ihre Feste fördere. Sie sei ein "beispielgebender Integrationsfaktor an unserem Ort", vereine Gründerfamilien wie "Zugroaste". Zudem betreibe sie kontinuierliche Heimat- und Brauchtumspflege und biete qualitätsvolle Jugend- und Ausbildungsarbeit. Falkner bedankte sich gerührt: Der Preis sei "Auftrag und Ansporn für uns".

Während die Bedienungen im Festzelt kaum nachkamen, Flüssiges zu liefern, saßen die Betreiber historischer Jahrmarktsstände, von Schiffschaukel, Karussell und Kirtahutschn draußen eher auf dem Trockenen. Vielen Besuchern war es zu heiß für Belustigungen. An diesem Montag geht das Volksfest in die letzte Runde - mit dem Seniorennachmittag ab 14 Uhr und dem Politischen Abend der CSU ab 19 Uhr mit Finanzminister Markus Söder als Hautredner im Festzelt auf der Lindlwiese.

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