Tutzing:Touring Yacht-Club verabschiedet sein Olympia-Team

Die 470er-Segler Ferdinand Gerz und Patrick Follmann kämpfen als einzige von Bayern vor Weymouth um das Edelmetall.

Lenka Jaloviecova

Paddos Daumen" bereitet zur Zeit allen Sorgen. Am meisten aber dem Olympia-Duo Ferdinand Gerz und Patrick Follmann, den viele einfach nur "Paddo" nennen. Die Wunde sei noch nicht ganz zu, sagt der Betroffene, dennoch ist er für die kommenden Wochen zuversichtlich. Die beiden Segler der 470er-Bootsklasse aus dem Deutschen Touring Yacht Club Tutzing (DTYC) hatten sich bereits Ende des Vorjahres im Dezember für die Olympischen Spiele in London qualifiziert. Ein 15. Platz bei der Weltmeisterschaft in Australien reichte aus um sich gegen die nationale Konkurrenz durchzusetzen und das Olympia-Ticket zu sichern. Mit 22 und 23 Jahren sind Gerz und Follmann die einzigen Bayern und jüngsten Olympiateilnehmer im 470er, am heutigen Dienstag geht es mit dem Flieger nach England.

DTYC-Segler aus dem Weg nach London

Auf dem Weg nach England: Vorschoter Patrick Follmann (links) und Steuermann Ferdinand Gerz sind ei jüngsten Teilnehmer der olympischen 470er-Regatta. Foto: Fuchs

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Glücklich, dass sie die Qualifikation geschafft haben, sind beide. Follmann jedoch ganz besonders: Der 22-jährige Vorschoter hatte Anfang Juli bei der Europameisterschaft in Schottland einen schmerzhaften Segelunfall: Dabei wurde ihm die Fingerkuppe vom Daumen abgetrennt. Das ersehnte Ziel bei Olympia - eine Platzierung unter den Top-Ten - schien in weite Ferne gerückt zu sein. Seither zählte für die beiden Segler nur das olympische Motto: Dabei sein ist alles. Das haben sie geschafft - und darauf sind vor allem Familien, Bekannte und Clubmitglieder, aber auch der Deutsche und Bayerische Seglerverband stolz. Sie verabschiedeten die Schützlinge vor der Abreise in ihrem Heimatverein. Das hatte es zuletzt vor acht Jahren gegeben, als das deutsche Yngling-Trio Kristin Wagner (DTYC) mit den Vorschoterinnen Anna Höll (Herrsching) und Veronika Lochbrunner (Lindau) bei Olympia 2004 in Athen gestartet war und mit einem sechsten Platz die beste Platzierung aller deutschen Segler erzielt hatte. Tutzinger Bürgermeister Stephan Wanner betonte, dass allein die Teilnahme bereits ein Privileg sei. "Das müsst ihr genießen", gab er den Jungs mit auf den Weg. DTYC-Vorsitzender Peter Bauer indes hegt höhere Erwartungen, denn immerhin "gewannen Ferdi und Paddo vor nicht allzu langer Zeit die Kieler Woche". Von der Anwesenheit des Vizepräsidenten vom Deutschen Seglerverband, Dietmar Reeh, und einigen ehemaligen Olympioniken ließ sich das Zweiergespann dennoch kaum beeindrucken.

28 Seglerteams starten bei Olympia in der 470er-Klasse. Auf dem Programm stehen zehn Wettfahrten, am Ende folgt ein Medal-Race. Steuermann Gerz konnte sich bereits ein Bild vom olympischen Segelrevier machen. Bis 18. Juli bereitete er sich mit einem Ersatzmann in Weymouth vor und bezog bereits das olympische Dorf. Das Abendessen sei dort gut, das Urteil über das berühmt-berüchtigte Frühstück fiel nicht ganz so positiv aus. Wenn die beiden Jungs - vom Sailing Team Germany zu den "Newcomern des Jahres 2011" gewählt - nicht im Segelboot sitzen, besuchen sie die Technische Universität in München. Gerz studiert BWL, Follmann hat seinen Bachelor in Mathematik bereits in der Tasche und beginnt demnächst ein Masterstudium. Das alles unter einen Hut zu bringen sei nicht einfach, Olympiastützpunkt und Universität unterstützten sie aber. Derzeit haben beide ein Urlaubssemester.

Auf was sie sich in England am meisten freuen, fällt ihnen schwer zu sagen. "Die Mischung mit all ihren Facetten macht's", sagt Follmann; sein Teamkollege hat gehört, dass die Eröffnungsfeier "der Hammer" sein muss. "An der Startlinie zu stehen mit großem Segel, an dem der eigene Name draufsteht - das ist auch schon etwas Besonderes", weiß er. Außerdem ist Maskottchen Glücksfrosch auch wieder dabei, und ihren Trainer Marek Chocian dürfen sie nach anfänglichen Schwierigkeiten auch mitnehmen. Wenn jetzt noch Paddos Daumen hält, kann eigentlich kaum noch was schief gehen.

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