Tutzing:Spaßiger Ernst

Tutzing, E.Akademie Konzert

Von Jazz bis zur Pumuckl-Variante: das von dem Sopransaxophonisten Matthias Ambrosius verstärkte Brass-Quintett.

(Foto: Georgine Treybal)

Das Brass-Quintett des BR-Symphonieorchesters beweist in Tutzing mit Musik von Werner Pirchner bis Daniel Schnyder, dass Blechbläser ein humorvolles Völkchen sind

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Steht Originalliteratur für Blechbläser auf dem Programm eines klassischen Kammerkonzerts, beginnt das Repertoire im 20. Jahrhundert und findet Highlights vor allem in der Gegenwart. Das ist denn auch meist der Grund für die Seltenheit solcher Konzerte. Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks wagte das Ganze nun doch in seiner Kammermusikreihe, und das mit Erfolg: Der Konzertsaal der Evangelischen Akademie in Tutzing füllte sich trotz des verlängerten Wochenendes und Biergartenwetters weit besser als erwartet. Unter den Besuchern war auch der Generalkonsul des Staates Israel, Dan Shaham, als Ehrengast.

Mit der Gründung des NoPhilBrass-Quintetts eroberten die fünf Mitglieder der BR-Symphoniker ein Stück Terrain im Fach der Kammermusik, das immer noch hartnäckig von Streichern, allenfalls Holzbläsern beherrscht wird. Die zwei Trompeter Martin Angerer und Herbert Zimmermann, Hornist Carsten Carey Duffin, Posaunist Uwe Schrodi und Tuba-Spieler Stefan Tischler präsentierten in Tutzing zudem ein Programm, das vor allem die Bandbreite der Möglichkeiten eines solchen Instrumentariums demonstrierte.

Und da Blechbläser bekanntlich ein humorvolles Völkchen sind, fehlte auch der etwas andere Heimatmusikkomponist Werner Pirchner nicht im Programm. Zunächst in kleinen Besetzungen, so aus den "Feld-, Wald- und Wiesen-Soli" für Horn, in denen Carey Duffin sein grandios sauberes Pianissimo in Echo-Spielen vorführte. Oder in den Duos, die bei Pirchner Zwios heißen, so für Posaune und Tuba aus den "König-Hirsch-Duetten" mit Jagdhornklängen und röhrenden Hirschen oder für zwei Trompeten mit dem "Almweiss-Edelrausch". Dass der musikalische Humorist Pirchner mit "Die Bewässerung von Mitteleuropa" den Schlusspunkt setzen durfte, verdeutlichte noch einmal, dass es den Musikern auch um Unterhaltung mit Anspruch ging. Ist doch gerade dieses Werk ein musikalisches Pendant zu "die verbesserung von mitteleuropa, roman" von Oswald Wiener (Vater der Fernsehköchin Sarah Wiener), der sich mit der Allmacht der Sprache befasst und bei Pirchner zu einer Art Potpourri musikalischer Rhetorik mutierte.

Eine große Tradition der ernsten Blechblasmusik pflegt England. Malcom Arnolds "Quintett" eröffnete denn auch das Programm. Und was die NoPhilBrass da demonstrierten, war in erster Linie ein komplexer Satz, der wie bei Streichern mit eigenständiger Stimmführung auf einen homogenen Klangkörper abzielte. Wobei die Instrumente die sowohl in luftiger Leichtigkeit als auch in gewaltigen, plastisch geformten Klangfluten agierten. Auch der einstige Kapellmeister der BR-Symphoniker, der Niederländer Jan Koetsier, suchte diese kammermusikalische Ernsthaftigkeit, vernachlässigte aber in seinem "Brass Quintett" op. 65 auch nicht die vergnügte Schmissigkeit - mit einer gewissen Dixi-Jazz-Anmutung, bis hin zum scharf rhythmisierten Schmetterblech im Finale.

Mit Matthias Ambrosius (Münchner Philharmoniker) am kultiviert singenden Sopransaxophon lud die NoPhil-Brass einen Holzbläser ein, mit Kompositionen des Schweizers Daniel Schnyder, eines Grenzgängers zwischen Klassik und Jazz. Auch Schnyder bewies musikalischen Humor, wie ihn die Musiker im "Dolphy's Dance" für Sopransaxophon und Tuba groovig anklingen ließen. Schnyders sechssätzige Suite "Little Songbook" bringt den Jazz stärker ins Spiel, durchaus auch mit dem Impetus von Rockballaden, in schnellen Sätzen mit mitreißendem Drive und Powerplay im Schlusssatz "Catch me". Und da Ambrosius auch komponiert, gab es in der Zugabe eine ernst kommentierte Variation über den Pumuckl-Song.

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