Tutzing:Schatzsuche in Feuchtgebieten

In Wäldern und Magerwiesen spürten Fotografen vom Bund Naturschutz 24 Orchideen-Arten auf.

Armin Greune

"Die Tropen von Feldafing" hat Lothar-Günther Buchheim 1978 ein Malerbuch betitelt. Die gleiche geografische Zuordnung könnte auch Tutzing beanspruchen, schließlich liegt man sogar einige Kilometer näher am Wendekreis des Krebses als der Nachbarort. Aus Sicht von vier Fotografen aus der Ortsgruppe im Bund Naturschutz belegt allein schon die botanische Vielfalt den exotischen Zauber ihrer Heimatgemeinde: "In den Tropen von Tutzing" heißt deshalb ihre Ausstellung mit Porträts wilder Orchideen, die am Montagabend im Rathaus eröffnet wurde.

Tutzing Ausstellung

Tutzing Ausstellung Tutzing RH, Fotoausstellung Orchideen in Tutzing, Autoren: Christian v.der Driesch, Klaus Hirsch, Bärbel Henschel, Ninon Ballerstädt - Bild 'Sumpf-Stendelwurz'. Foto: Georgine Treybal

(Foto: Georgine Treybal)

Ein Jahr lang waren Ninon Ballerstädt, Christian von den Driesch, Bärbel Henschel und Klaus Hirsch in den Wäldern, Feuchtgebieten und Magerwiesen mit ihren Kameras auf Schatzsuche. Die Ausbeute kann sich sehen lassen: 24 von 75 in Bayern beheimateten Arten konnten sie aufspüren - darunter solche Kostbarkeiten wie Bienen-Ragwurz, Frauenschuh oder Helm-Knabenkraut. Rund 2000 Aufnahmen haben die vier Fotografen gesammelt, von denen jetzt bis zum 10. Mai eine Auswahl der 48 schönsten Bilder in Erd- und Obergeschoss des Tutzinger Rathauses bewundert werden kann.

Durch das Makroobjektiv betrachtet eröffnet sich dem Betrachter der bizarre Farben- und Formereichtum der Knabenkräuter, der elegante Schwung der Blüten des Roten Waldvögeleins oder die unscheinbar grünen Knöpfchen am Großen Zweiblatt. Andere Fotos zeigen in Halbtotale, wie Vogelnestwurz den Waldboden durchbricht oder eine sommerliche Wiese mit Mücken-Händelwurz und verschiedenen Knabenkräuter prunkt. Als hätte er einen Weichzeichner verwendet, gelingt von den Driesch mit geringer Tiefenschärfe ein Porträt des Langblättrigen Waldvögeleins, das sich in eine Abstraktion aus weiß und grün auflöst.

Bis zu drei externe Blitzgeräte hat er vor Ort eingesetzt, um die floristischen Schmuckstücke perfekt auszuleuchten. Von den Driesch betont, dass - abgesehen von Kontrast-Korrekturen - keines der Fotos nachbearbeitet wurde. Zwei der ausgestellten Orchideenbilder sind freilich künstlerisch verfremdet: So setzt Ballerstädt drei Falschfarben-Kontrastbilder des Sumpf-Stendelwurz nebeneinander - und eine Collage aus einem Frauenschuh und der gleichnamigen Blume erinnert wohl nicht zufällig an den großen Surrealisten Magritte.

Alle 48 Werke sind käuflich zu erwerben; die Fotografen hoffen so, einen Teil ihrer Materialkosten zu decken. Wem aber selbst die bescheidenen, meist nur zweistelligen Preise der gerahmten Originalabzüge noch zu hoch scheinen, der kann eines der drei Poster erwerben, die Ballerstädt aus den Einzelaufnahmen komponiert hat. Für ein paar Euro lässt sich damit täglich das gesamte Spektrum der Tutzinger Orchideen oder 35 verschiedene Knabenkraut-"Gesichter" bestaunen. Wer bei diesem Anblick noch Fernweh nach der üppigen Vielfalt des tropischen Dschungels verspürt, dem ist wohl nicht zu helfen.

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