Tutzing:Puppen im Park

Tutzing, Ev. Akademie, Ausstellung Würtheim

Als wär's ein Tagungsgast: die Figur "Schlaks" der Würzburger Künstlerin Hilde Würtheim.

(Foto: Treybal)

Die Evangelische Akademie zeigt Hilde Würtheims Figuren

Von Katja Sebald, Tutzing

In diesem Sommer ist erstmals eine Skulpturenausstellung im Park der Evangelischen Akademie in Tutzing zu sehen. Allein das erscheint mehr als verwunderlich, wäre doch dieser geradezu paradiesische Landschaftsgarten am See in idealer Weise prädestiniert als Kunstort. Noch verwunderlicher aber ist es, für welche Art von Kunst man sich zum Auftakt entschieden hat: Hilde Würtheim zeigt lebensgroße, naturalistische Figuren aus Ton, zumeist Damen, die sich auf Bänken, Mäuerchen und Gartenstühlen niedergelassen haben und verträumt auf den See blicken.

Ein durchaus reizvoller Aspekt dieser Ausstellung besteht nun darin, dass man die Figuren aus der Entfernung oder auch beim Vorbeigehen mit echten Tagungsteilnehmern verwechselt - was im Akademiealltag immer wieder zu erheiternden Begebenheiten führt. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkt man dann, dass beispielsweise die "Hutmacherin" über Stunden reglos ausharrt, um den Turm aus vielen verschiedenen Hüten auf ihrem Kopf zu balancieren. Auch Athene, Hera und Aphrodite, von denen in Tutzing doch tatsächlich jede einen eigenen Apfel ergattert hat, halten sich auf ihrem Platz in der Wiese ganz still, damit Paris nicht doch noch seinen Irrtum bemerkt. Etwas zu verbergen haben auch das Mädchen im Schlosshof und die ältere Dame auf der Terrasse: Ihnen ist es nämlich gelungen, ihre Hunde mit auf das Gelände zu schmuggeln. Die Dame mit dem hübschen Namen "Glück", die Blumen im Haar und ein luftiges Sommerkleid trägt, und die verbissen strickende "Frau Unglück" illustrieren gemeinsam das bekannte Gedicht von Heinrich Heine.

Unten am See aber haben sich zwei männliche Wesen der Damengesellschaft angeschlossen: Ein älterer Herr mit Hut und Schirm sitzt neben seiner Frau auf einer Bank im Schatten und ein junger Mann mit Mütze flirtet auf der Seeterrasse mit "Nora", die keck auf dem Geländer balanciert und den ganzen Sommer lang ihre Lederjacke nicht auszieht.

Hilde Würtheim, 1953 in Werneck geboren und heute in Würzburg lebend, fand nicht auf direktem Weg zu ihrem Werkstoff Ton, sondern absolvierte zunächst eine Ausbildung in Malerei und Grafik. Um so bemerkenswerter sind ihre Arbeiten in handwerklicher Hinsicht: Bei der Herstellung müssen Trocknungsprozesse und Verformungen durch das große Gewicht beachtet werden, auch können die Werkstücke oftmals nicht in einem Stück gebrannt werden, sondern müssen nachträglich zusammengesetzt werden.

Die Figuren sind stilisierte Darstellungen von Menschen, sie entstehen nach lebenden Modellen oder nach fotografischen Vorlagen. Köpfe, Hände und Füße sind meist überproportional groß und stark vereinfacht dargestellt. Während die Künstlerin durchaus geschickt verschiedene Körperhaltungen umsetzt, bleiben die Gesichter mit den großen Augen und dem verträumten Ausdruck sehr stereotyp. Es sind dann die Accessoires, ein hölzerner Schirmstock etwa, Halsketten mit aufgefädelten Perlen, große Ohrringe oder ein Strickzeug mit echter Wolle, die den einzelnen Figuren unterschiedliche Charaktere verleihen sollen und sie zu einer Art überlebensgroßer Käthe-Kruse-Puppen machen. Durchaus liebenswert, aber letztlich doch eher im Bereich des Kunsthandwerks zu sehen.

Die Ausstellung ist wieder am 6. September und am 13. September 2015 jeweils von 13 bis 17 Uhr zu besichtigen. An beiden Terminen findet von 14 Uhr an eine kostenlose Schlossführung statt.

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