Tutzing:Magie und Respekt

Tutzing: Kurtheater Marianne Sägebrecht

"Lebende Künstlerlegende": Marianne Sägebrecht, eingerahmt von den Tutzinger Kinobesitzern Eva-Maria und Michael Teubig.

(Foto: Nila Thiel)

Die Schauspielerin Marianne Sägebrecht kommt zum Auftakt einer kleinen Kinoreihe ins Kurtheater Tutzing und erzählt, dass sie für die Zaubertricks in Percy Adlons "Out of Rosenheim" eineinhalb Jahre trainieren musste

Von Gerhard Summer, Tutzing

Magie schadet nie. Es sind die kleinen Zaubertricks, mit denen die rundliche Rosenheimerin Jasmin Münchgstettner (Marianne Sägebrecht) dieses schäbige Motel samt Café Bagdad und Tankstelle in der kalifornischen Wüste wieder zum Blühen bringt, nachdem sie erst mal das Büro der Chefin Brenda entrümpelt hat und mit Staubsauger und Putzeimer übers Gelände gezogen ist. Wäre das nicht auch eine Perspektive für das natürlich ungleich besser erhaltene Kurtheater Tutzing, diesen Fünfzigerjahre-Traum aus orange-gelbem Samtvorhang und plüschigen violetten Sitzen? Einen Trick könnte Marianne Sägebrecht, 70, sogar noch ohne weiteres vorführen: den Tanz mit dem Stock, denn diese Übung macht sie immer noch bei ihrem Aufwärmprogramm, wie sie erzählt.

Allein, es würde vielleicht nicht so viel helfen im Kampf um die Zuschauer. Hausherr Michael Teubig hat zum Auftakt seiner kleinen Kino- & Kulturwoche ja einiges aufgefahren im Kurtheater: Percy Adlons "Out of Rosenheim" samt Hauptdarstellerin Sägebrecht, die ganz in Türkis nach Tutzing gekommen ist. Ein wunderbares altes Filmmärchen also, das vom friedlichen, weil respektvollen Zusammenleben sehr unterschiedlicher schräger Typen erzählt und damit laut Sägebrecht als "Modell für das Hier und Jetzt" taugen könnte. Trotzdem ist das Ergebnis ein wenig ernüchternd: Gerade mal die Hälfte der 127 Plätze ist besetzt. Ans Großreinemachen dürfte Sägebrecht an diesem Ort ohnehin nicht denken, denn die Tutzinger lieben ihr Kino so, wie es ist, erklärt Teubig, also technisch modernisiert, aber im Kern sehr altmodisch. Der Filmjournalist und Hörfunk-Moderator hatte das 1953 erbaute Haus im Jahr 2003 übernommen. Er weiß zum Glück einen Förderverein an seiner Seite, der hilft, wenn beispielsweise die Digitalisierung und eine neue Leinwand zu bezahlen sind.

Die Idee, "Out of Rosenheim" und die "lebende Künstlerlegende" Sägebrecht ins Kurtheater zu holen, hatte nicht Teubig selbst, sondern die in Feldafing lebenden einstige Münchner Stadträtin Doris Henkel-Schwojer. Das Event ist gleichsam ein nachgeholtes Geburtstagsfest. Henkel-Schwojer hatte nämlich ihren 75. mit Sägebrecht und Adlons Film feiern wollen, daraus war wegen Terminproblemen der Schauspielerin nichts geworden, "jetzt sind wir endlich zusammengekommen."

Die Feldafingerin hat gleich noch eine zweite Legende mitgebracht, nämlich die einstige Cutterin Anneliese Schönnenbeck, 96. Und sie zählt zehn Minuten lang auf, mit welchen berühmten Regisseuren und Schauspielern Schönnenbeck gearbeitet hat und an welche Filmprojekten sie beteiligt war. Die Liste reicht von "Große Freiheit Nr. 7" bis "Raumpatrouille Orion", von Gustaf Gründgens über Hans Albers bis Maximilian Schell und von Helmut Käutner bis Kurt Meisel. Die gebürtige Starnbergerin Sägebrecht wiederum erzählt, wie Adlon sie entdeckt hatte, wie schon seine Komödie "Zuckerbaby" mit ihr und Eisi Gulp in den USA einschlug und dass es dieses Café Bagdad tatsächlich in der Wüste gab. Auch die Geschichte von den sich zankenden Eheleuten sei nicht frei erfunden. In Adlons Bekanntenkreis habe es ein Paar gegeben, das sich auf der Reise nach Los Angeles fürchterlich zerstritt.

Die Idee, einen Indianer als Sheriff auftreten zu lassen und die Zauberei ins Spiel zu bringen, hatte Sägebrecht, wie sie sagt. Eineinhalb Jahre musste sie "unter Tränen" üben, bis sie zwölf Tricks draufhatte. Sieben davon führt sie in "Out of Rosenheim" vor, für einen bekam sie sogar einen Preis. Und überhaupt: Dass eine Frau zaubert, scheint Mitte der Achtzigerjahre ein Novum gewesen zu sein. Die frühere Chefin des Starnberger Künstlerlokals "Spinnradl", des Schwabinger "Mutti-Bräu" und Gründerin des Revuetheaters "Opera Curiosa" zitiert die männliche Begründung dafür: Zauberer dürfen ihre Tricks nicht verraten - "aber Frauen können den Mund nicht halten".

An diesem Sonntag stellt Filmemacher Thomas Käsbohrer aus Iffeldorf seine Doku "Einmal München-Antalya, bitte" zum Abschluss der Kinoreihe im Kurtheater Tutzing vor. Beginn ist um 13 Uhr.

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