Tutzing:Hommage an die Vielfalt

Im Roncalli-Haus in Tutzing gewährt die Künstlergruppe "KulturArt am See" tiefe Einblicke in die Welt der unterschiedlichen Kulturen - und setzt damit auch ein Zeichen für mehr Toleranz

Von Anna-Elena Knerich, Tutzing

"Unterschiedenes ist gut." Mit diesem Hölderlin-Zitat hat Ilse Reiher am Sonntag sehr passend die Ausstellung "Kulturen der Welt" im Roncalli-Haus eröffnet. Denn die Künstlergruppe KulturArt am See setzte sich auf unterschiedliche Weise mit diesem umfangreichen Thema auseinander. In ihrer Gesamtheit spiegeln die Werke jedoch genau jene Vielfalt wider, die unsere Welt aus- und reicher macht. "Die Aggressivität überall in der Welt sehen wir tagtäglich in den Medien", erzählte die Malerin Johanna Siepmann. Deshalb solle ihr Ölbild "Im Orient" Frieden ausdrücken. Die darauf abgebildeten Gebäude erinnern an die Gemälde von August Macke, den der Orient ebenfalls inspiriert hatte, doch Siepmann drückt ihre Faszination für die orientalische Architektonik eher expressiv aus: Mit kräftigen Farbtönen und schwungvollen Pinselstrichen sind die vielen Türmchen und Kuppeln eng aneinander gereiht und drücken eine Nachbarschaftlichkeit aus, die beim Betrachter tatsächlich ein warmes Gefühl der Friedlichkeit hervorruft.

In starkem Kontrast dazu steht Uschi Merks "New York I", das ganz in kalten Blau- und Grautönen gehalten ist. Anders als in der Vorstellung, die man meist von der pulsierenden, bunten Großstadt an der amerikanischen Ostküste hat, ist dieses New York menschenleer. Abstrakte und undetaillierte Hochhäuser ragen in den Himmel, der zum oberen Bildrand hin immer dunkler und bedrohlicher wird. Dieses Acrylbild zeigt die Kehrseite der westlichen Kultur, in deren Überzivilisiertheit der Einzelne anonym bleibt und sich zu verlieren droht. Über die amerikanische Kultur stellt auch Wolfgang Sczyrba ein kritisches Werk aus, mit dem Titel "USA leave it or love it!". Es zeigt eine fast karikierte Tuschezeichnung eines erstochenen Mannes, daneben ist ein Zeitungsbericht über einen Hotelgast geklebt, der ermordet in seinem Zimmer aufgefunden wurde. Dies geschah in New Orleans, einer Stadt mit einer hohen Kriminalitätsrate.

Dem gegenüber stehen die Friedlichkeit und Freundlichkeit des Buddhismus, mit dem sich viele Künstler auseinandersetzen. Besonders beeindruckend ist das großformatige Ölbild "Der Geist von Lamayuru" von Sandelan Wirth. Er malte den Mythos um den Dämon, der den Weg zu dem buddhistischen Kloster im tibetischen Hochland versperrte, bis ihn ein Mönch vertrieb. Grässliche, maskenhafte Fratzen rechts oben im Bild stellen den bösen Geist dar; der friedliche Dalai Lama links und die tibetischen Mönche in der unteren Bildhälfte nehmen jedoch deutlich mehr Raum um das Kloster ein, das sie erfolgreich verteidigt hatten und das heute noch steht.

Etwas abstrakter zeigt auch Karlheinz Fuchs auf seinem Acrylbild "Kontemplatives Rot" buddhistische Mönche um ein weißes Gebäude herum. Die drei haben keine Gesichter, dennoch ist der kontemplative Charakter der Mönche zu erahnen, die warmen Farbtöne strahlen Ruhe aus,und man bekommt als Betrachter Lust, neben dem im Vordergrund sitzenden Mönch Platz zu nehmen und zu schweigen. Ganz anders der Maler Henri Lallemand, der auf einer Meta-Ebene Szenen der Geselligkeit sowie der Kultur- und Künstlerszene darstellt: Ein Bild zeigt tanzende Paare in Mode der Jahrhundertwende und erinnert so intensiv an die impressionistischen Gemälde Renoirs, dass der Titel "Bayerische Kultur - im Biergarten" stutzig macht. Auf einem anderen Bild sind Menschen zu sehen, die in einem Museum Gemälde betrachten, darunter "Die Freiheit führt das Volk" von Eugene Delacroix, das als "Bild im Bild" klar erkennbar ist.

Die Vielfalt der Werke passt gut in das Roncalli-Haus, wie auch Pfarrer Peter Brummer bei der Vernissage befand und zwei Iraker begrüßte, die hier Kirchenasyl bekommen hatten. Er bezog damit das Thema der Ausstellung auf die Realität. Neben Fotografien, Skulpturen und Gemälden gab es bei der Vernissage noch Jazz-Genuss von Gert Wilden, seiner Tochter Marion und zwei Tutzinger Musikern.

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