Tutzing:Friedliche Wahlkämpfer

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Bei der souverän moderierten Podiumsdiskussion des JM-Freizeitclubs in Tutzing verzichten die Kandidaten Stephan Wanner, Rudolf Krug und Stefanie von Winning auf gegenseitige Attacken

Von Gerhard Summer

Als hätte er es schon geahnt: Bürgermeister Stephan Wanner (r.) und sein Herausforderer Rudolf Krug bei einer Kandidatendiskussion. (Foto: Georgine Treybal)

Vielleicht sollte man öfter mal die Jungen ranlassen: Der JM-Freizeitclub hatte zum Duell der Tutzinger Bürgermeisterkandidaten eingeladen. 60 vorwiegend jugendliche Zuhörer kamen, und wer nach zwei Stunden wieder nach Hause ging, konnte zu Recht das Gefühl haben, eine professionelle Debatte mit spannenden Fragen aus dem Publikum erlebt zu haben: gut vorbereitet, souverän moderiert, noch dazu garniert mit einer kleinen Kommunalwahl-Kunde. Ob es am Ende einen Gewinner gab, abgesehen vom Veranstalter? Bürgermeister Stephan Wanner (parteifrei) startete stark, ließ aber zum Schluss hin nach. Rudolf Krug (ÖDP, FW) kam erst nach längerer Anlaufzeit auf Touren, doch dann ordentlich, Stefanie von Winning (CSU) blieb konstant und konzentriert. Das Resümee eines Jugendlichen: Er wisse jetzt wirklich nicht, wen er wählen soll.

Die Kandidaten

So friedfertig können Wahlkämpfer sein: In dieser Podiumsdebatte fiel kein einziges böses Wort. Winning und Krug dachten nicht daran, den amtierenden Bürgermeister zu attackieren, ein einziges Mal sah sich Wanner zu einem "Das lass ich so nicht stehen" genötigt, nämlich beim Thema zweitteuerster Radweg Deutschlands. Krug hatte erklärt, er glaube nicht an die "Tutzinger Krankheit", fehlende Kontrolle spiele eine Rolle bei den Kostenmehrungen. Immerhin soll die 1,2 Kilometer lange Trasse von Tutzing nach Kampberg stattliche 1,2 Millionen Euro kosten.

Gerade zu Beginn sah es noch so aus, als ob Wanner das Rennen machen würde: die Ärmel hochgekrempelt, rhetorisch locker, cool und auch witzig. Mal fläzte er sich hin wie ein junger Kerl, mal gestikulierte er lebhaft - der Mann verkauft sich einfach gut. Die Botschaft war klar: Hier präsentiert sich ein Chef-Dynamiker, einer, der auf Zack ist und nicht quatscht. Der dunkel gekleidete Krug wirkte dagegen wie aufs weißbezogene Sofa geklebt, sparsam und bedächtig in der Körpersprache. Nein, der große Aufreger wird aus ihm nicht werden, Krug ist der ruhige, besonnene Praktiker mit verschmitztem Humor. Und: Der Mann hat Tiefgang, er geht am detailliertesten auf die Themen ein. Auch Stefanie von Winning hat wohl nicht das Zeug, einen Saal zu Begeisterungsstürmen hinzureißen. Ihre Sitzhaltung ist sehr korrekt, auch als Rednerin macht sie eine gute Figur. Aber es fehlt ihr ein wenig an Leidenschaft, an Temperament. Ihre Stärke: Sie redet keinem nach dem Mund, und sie argumentiert am logischsten in dieser Runde, ohne dabei lehrerinnenhaft zu wirken. Sie kommt sozusagen grundehrlich rüber.

Die Themen

Matthias Gröschel und Co-Moderatorin Romana Bauer wollen darauf hinaus, "wem man die Zukunft Tutzings übergibt". Deshalb fragen sie, was aus dem ehemaligen TSV-Grundstück werden soll und wie es mit Freizeitmöglichkeiten steht. Außerdem geht es um günstigen Wohnraum und Firmenansiedlungen. Winning kann sich weiteren Mietwohnungsbau am Kallerbach vorstellen. Aber sie gibt zu: "Alle Zukunftsthemen sind ein ungedeckter Scheck", weil Tutzing noch keinen Haushalt für dieses Jahr hat. Krug plädiert für die Wiedereinstellung einer Jugendpflegerin. Er kann sich einen Jugendtreff vorstellen, der nur ein renovierter Schuppen ist. Und Wanner erklärt, wie schwierig es ist, Firmen anzulocken. Sie erwarteten "schnelle und transparente Entscheidungen, da müssen wir besser werden". Dabei hätte der Ort Gewerbesteuereinnahmen nötig: Der Renovierungsstau bei gemeindeeigenen Gebäuden mache 17 Millionen, der bei den Straßen zehn Millionen Euro aus. Krugs Ansicht: Tutzing tue sich schwer, Gewerbegebiete auszuweisen, weil in den vergangenen zehn Jahren versäumt worden sei, günstiges Grünland zu kaufen. Was die Nutzung des TSV-Geländes betrifft, können sich die Kandidaten alles vorstellen, ob Haus der Vereine, Mehrgenerationenmodell oder Schulerweiterung.

Die Publikumsfragen

"Was wissen Sie über die JM?" Erst nach einer Nachfrage sprudeln die Antworten. Warum so viele Mitarbeiter des Rathauses gegangen sind? Wanner sagt schmallippig: Es gehe um 14 oder 15 Leute, keinem sei gekündigt, keiner sei rausgemobbt worden. Warum für den enorm teuren Radweg nach Kampberg Geld da ist und wie viel noch für ein Jugendhaus bleibt? Die Replik des Bürgermeisters: Man dürfe nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Außerdem bekomme Tutzing jetzt mehr Zuschuss für die Radweg, denn "der Freistaat hat sich verrechnet". Und schließlich: Wie es zu einem Projekt wie "Lakeside Living" kommen konnte? Krug findet, ja, da sei zu massiv und eng gebaut worden. Winning und Wanner meinen: Es gebe nun mal Baufreiheit.

Die Zeiten

Die Junge Mannschaft stoppt mit, wie lange die drei Bewerber insgesamt reden. Das Ergebnis: Winning spricht mit 25 Minuten und 5 Sekunden am kürzesten. Krug braucht 30:36, und Wanner kommt mit 27:25 Minuten aus.

© SZ vom 20.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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