Tutzing:Eine Augen- und Ohrenweide

Andalusischer Abend im Tutzinger Keller; Flamenco im Tutzinger Keller

Die Faszination des Flamenco bringen Sänger Manuel Heredia, Tänzerin Montserrat Suarez und (verdeckt) Gitarrist Alejandro Suarez Roa auf die Bühne.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Beim Flamenco-Abend im Tutzinger Keller begeistern Sänger, Gitarrist und Tänzerin Montserrat Suarez die Zuschauer

Von Reinhard Palmer, Tutzing

Es war schon außergewöhnlich, was sich da im Tutzinger Keller ereignete. München war einst ein nicht unbedeutendes Zentrum und Anlaufstelle für international agierende Flamenco-Künstler außerhalb Spaniens. Dies strahlte auch ins Umland aus. Doch ist es still geworden um diese hierzulande immer noch exotisch ankommende Gattung und Lebensart der Gitanos, der andalusischen Zigeuner (so die wörtliche Übersetzung), deren Musik stark mit orientalischen Elementen durchsetzt ist. Meist flammt das Interesse im Sommer auf, wenn die ersten Spanien-Urlauber heimkehren. Viele waren es noch nicht, aber es reichte für die nötige Stimmung, die der des traditionellen Tablao Flamenco schon sehr nahe kam.

Und es waren Meister ihres Faches, die der in jedem Zuhörer irgendwo verborgenen Flamme nachspürten. Flamenco ist eben nicht nur eine Kunstform für Auge und Ohr, sondern vor allem für die Seele, für ein ganz besonderes Lebensgefühl. Vielleicht ist der Flamenco gerade deshalb seit 2010 als immaterielles Kulturerbe der Menschheit (UNESCO) anerkannt. Der Thunfisch-Fänger aus der Region von Cádiz, Manuel Heredia, der als El Cañejo de Barbate eine Koryphäe des Flamencogesangs ist, vermochte mit höchst leidenschaftlicher Inbrunst gänzlich zu überzeugen. Canto hondo, der tiefgehende Gesang, wie er genannt wird, ist geradezu die ideale Ausdrucksvoll für seine kraftvolle, leicht angeraute Stimme, die temperamentvoll die feurigsten Empfindungen hinausbrüllen, aber auch in schmachtend-zarten Mäandern ausklingen konnte. Pura Emoción eben, mit allen ihren Schattierungen, die auch vor gewaltsamen Ausbrüchen nicht Halt macht.

Diese Form des Ausdrucks befremdet hierzulande viele, doch ist sie nichts anderes, als die Übersetzung des Tanzes, der mit seinen optischen Reizen wiederum dem Publikum doch wesentlich zugänglicher ist. Die renommierte Flamenco-Tänzerin Montserrat Suarez stammt zwar schon aus der Generation der in München Geborenen, doch könnte ihre Kunst, die sie in ihrer eigenen Schule vermittelt, nicht authentischer sein. Alleine die traditionellen Kleider mit der obligatorischen Blüte im Haar - beides einheitlich: verhalten violett, nach der Pause feurig rot - zogen schon die Blicke auf sich. Ihr Tanz sollte eine nachhaltige Faszination ausüben, die man zuvor der eher schmächtigen, zarten Person kaum zugemutet hätte. Besondere Aufmerksamkeit zog vor allem das dröhnende Steppen im rasanten Tempo auf sich, mit dem sich Suarez mit dem Cajón-Schlag von El Cañejo und den Palmas (rhythmisches Klatschen) fesselnde Duelle lieferte - und immer triumphal siegte. Doch Suarez' Meisterschaft liegt daneben vor allem in ihren graziösen Körperwindungen, in den fließenden Bewegungen der Hände und dem bisweilen keck-lasziven Spiel mit dem Kleid. Schlichtweg eine Augenweide.

Da konnte man schon leicht vergessen, dass das Ganze auf einer großartigen Gitarrenbegleitung basierte, die der aus Cádiz stammende Alejandro Suarez Roa mit großer Einfühlsamkeit, doch keinesfalls mit weniger Temperament hinterlegte. Es fehlte darin nicht an perkussiven Elementen. Doch seine Rasgueado-Anschlagstechnik - sowohl aus den Fingern heraus wie rasant aus dem Handgelenk, wie sie Paco de Lucía praktizierte - setzte auch auf klingende Fülle. Sein weich singendes Daumenspiel brachte ein melodiöses Element als eine nahezu romantisierende Gegenstimme zum Gesang ins Spiel. Es war ein Abend großer Gefühle, der eine weit größere Aufmerksamkeit verdient hätte. Frenetische Ovationen und zwei Zugaben.

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