Tutzing:Ein Schloss und seine Geschichte

Als die Grafen von Vieregg dort noch residierten, war der hochherrschaftliche Sitz gesellschaftlicher Mittelpunkt der Adeligen. Im Laufe der Zeit wechselte es seine Besitzer und Funktionen. Eine Ausstellung der Evangelischen Akademie zeigt, wie sich das Leben in Tutzing verändert hat

Von Manuela Warkocz, Tutzing

"Was für ein Privileg, an diesem Ort arbeiten zu dürfen!" Udo Hahn freut sich jeden Tag auf seinen Arbeitsplatz an der ehrwürdigsten Adresse in Tutzing: Sein Schreibtisch steht im Schloss. Daher sagte der Direktor der Evangelische Akademie als "Schlossherr" auch sofort seine Unterstützung zu, als es um eine Sonderausstellung "Schloss und Evangelische Akademie" ging. Zumal es sich gut trifft, dass die Akademie auf 70 Jahre ihres Bestehens zurückblickt, die Gemeinde selbst runden Geburtstag feiert - vor 1275 Jahren wurde der Fischerort erstmals erwähnt. Bei der Vernissage im Ortsmuseum schlugen Hahn und Bürgermeister Rudolf Krug vor 40 Gästen den Bogen vom einst privaten Anwesen zur öffentlichen Denkwerkstatt.

Die Ausstellung lässt die illustre Geschichte des Tutzinger Schlosses Revue passieren. Sie erinnert an den Ursprung Tutzings: zwei Dutzend Höfe von Bauern und Fischern, die sich rund um das Schloss gruppieren. Flankiert wurden sie von der Kirche und von der Taverne, dem späteren Seehof. Das Schloss war der zentrale Mittelpunkt, betonte Bürgermeister Krug in seiner Rede. Diese Idylle habe erst mit dem Bau der Bahnlinie geendet. Das Schloss in seiner jetzigen Form geht auf die Grafen von Vieregg aus der Zeit von 1802 bis 1816 zurück. Nach der Revolution 1848 setzten bürgerliche Besitzer Glanzpunkte. Als markanteste Persönlichkeit ging der Stuttgarter Verleger und Großindustrielle Eduard von Hallberger in die Annalen ein. Die vielen Kunstwerke, die man bis heute in Schloss und dem Park bewundern kann, steuerte der Abenteurer und Kunsthändler Marczell von Nemes bei.

Tutzing Ortsmuseum Ausstellung

Die Ausstellung eröffneten Akademiedirektor Udo Hahn (re.), Bürgermeister Rudolf Krug und Museumsreferent Gernot Abendt (li.).

(Foto: Georgine Treybal)

Nach 1930 beherbergte das Schloss dann unter anderem ein Erholungsheim für Mitarbeiter der Bielefelder Firma Oetker, ein Lazarett und ein Heim zur Wiedereingliederung von Kriegsheimkehrern. Letzteres lag bereits in den Händen des Evangelischen Hilfswerks. "1947 wurde ein neues Kapitel in der Geschichte des Schlosses aufgeschlagen", ist zu lesen. Damals, im Juli, fand dort die erste Tagung der Evangelischen Akademie statt. Die Evangelisch-lutherische Kirche in Bayern übernahm die Liegenschaft. Heute kommen bei etwa 100 Veranstaltungen im Jahr mehr als 8000 Tagungsteilnehmer dorthin, so Akademiedirektor Hahn. Sie debattieren in Seminaren und an Wochenenden über wichtige gesellschaftliche Fragen der Zeit. Weitere 6000 Gäste besuchen Tagungen externer Veranstalter. In den Sommermonaten mieten sich gerne Urlauber in das schöne Ambiente ein.

Exzellente Gästebücher, die in der Ausstellung zu sehen sind, geben Einblick in das gesellschaftliche Leben des Schlosses. Auch viele Prominente unserer Tage haben sich verewigt. Postkartensätze und Originalgemälde ergänzen die historischen Schlaglichter. Axel Schwanebeck von der Akademie hat die Texte verfasst, Eberhard Köstler das Material zusammen getragen. Helmut E. Grund und Angelika Mrozek-Abraham setzten das Werk grafisch um. Und Gernot Abendt ist als Museumsbeauftragter wie immer der gute Geist, der alle Fäden zusammenführt.

Tutzing Ortsmuseum Ausstellung

Karl Matthias Graf von Vieregg war einer der Schlossbesitzer.

(Foto: Georgine Treybal)

Die Ausstellung "Schloss und Evangelische Akademie Tutzing" ist im Ortsmuseum Tutzing, Graf-Vieregg-Straße 14, noch bis zum 21. Mai 2017 zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch, Samstag und Sonntag von 13 bis 17 Uhr.

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