Tutzing:Ein Rebell namens Hase

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Hübsch provokant: Susanne Rohrer und Matthias Matuschik bei ihrem Auftritt in Traubing. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Die BR-Moderatoren Rohrer und Matuschik im Buttlerhof

Von Gerhard Summer, Tutzing

Wer zu zweit durch die Lande zieht, entdeckt am anderen zuweilen Sachen, die er lieber nicht gesehen hätte. Der Matthias Matuschik hat in der Garderobe zum Beispiel schon auf ihr "Warndreieck" geschaut, die Susanne Rohrer wiederum auf seinen Sowieso, ja, das war "aber auch kein großes Ding". Ganz im Gegensatz zum Sanctum Präputium, der heiligen Vorhaut Christi, die einst bei Prozessionen der katholischen Kirche in einer Glasvitrine durch die Straßen getragen worden ist und auf ein gewaltiges Dingsbums schließen ließ. Ob der Matuschke übrigens noch eine Vorhaut hat? Und nebenbei gefragt: Sind auch Schwule im Saal? Wenn man so sagen darf. Vielleicht sogar schwule Bullen? Oder schwule muslimische Bullen?

Das geht tatsächlich gut los mit diesem Programm, das sich den Alarmsatz aller Beziehungskrisen zum Titel erkoren hat: "Wir müssen reden". Susanne Rohrer und Matuschke geben im vollen, noch weihnachtlich dekorierten Traubinger Buttlerhof ein Paar im Stellungskrieg, und irgendwie ist das schon ziemlich lustig: dass zwei bekannte und durchaus seriöse Radiomoderatoren so tief unter der Gürtellinie herumfingern. Aber so ist das eben: Die beiden wollen provozieren, kein Blatt vor den Mund nehmen, vor nichts und niemandem in die Knie gehen. Rohrer, ein kleiner blonder Wuschel, gibt die gern dozierende, leicht abergläubische, aber politisch korrekte Frau, die nicht Zigeuner sagt, sondern "Experten für Caravan-Reisen nicht niederländischer Herkunft". Matuschke, der auch aussieht wie ein grau gewordener Grantler, spielt den Proll, der "Mohr" und more" verwechselt, Saturn und Jupiter nicht auseinander halten kann und Autofetischist ist. Den bierdimpfligen Stammtischrebellen, der als einziger die Courage hat zu sagen, was unbedingt gesagt werden muss. Den Hundling und groben Polterer. So eine Art unbeschnittenen Kabarettmessias, den Rohrer gern "Hase" nennt. Die Grünen hat er gefressen, diese "Klangschalennazis", die alle dazu zwingen wollen, nur noch mit diesen wahnsinnig gefährlichen E-Mobilen durch die Gegend zu surren. Die Handyhypochonder auch, die Veganer sowieso, dieses "Geschmeiß", vegan heißt auf indianisch schließlich nichts anderes als "zu blöd zum Jagen". Einmal redet er auch Klartext und erklärt, worauf dieses Programm abhebt: "Warum muss man heute fünf Minuten darüber nachdenken, ob man nicht gleich jemanden beleidigen oder diskriminieren könnte?"

Ob die beiden mit dieser Vorstellung, dieser von Thema zu Thema hüpfenden Kabarettmoderation, die Lieblinge der Woche werden könnten? Leider nein. Denn das gegensätzliche Paar hat zwar viele schöne, sarkastische Pointen, feine Running Gags und ein paar hübsch absurde Sketche auf Lager, aber es setzt eben auch stark auf Sparwitze, Kalauer und Bierzelt-Klamauk. Vor allem aber: Letztlich bleibt "Wir müssen reden" an der Oberfläche und Sprücheklopferei. Immer wenn es wirklich lustig werden könnte, wenn Matuschke beispielsweise an der Tankstelle steht, alles aufhält und darüber nachdenkt, ob wir noch den Euro haben, ist schon wieder Schluss, und Rohrer kommt auf ihr Helfersyndrom zu sprechen. Diplomatisch gesagt: Dieses Programm hätte das Zeug zum Kabarett.

Eine wichtige Wahrheit sprechen Rohrer und Matuschik an diesem trotzdem heftig beklatschten Abend dann doch noch aus: Der Buttlerhof hat zu wenige Parkplätze. Ja, so ist es. Und Matuschke passiert nebenbei ein Riesenpatzer. Er sagt: Er werde pro Sendung bezahlt. Jeder Bayern-3-Hörer weiß, wie es richtig heißen muss: pro Show.

© SZ vom 30.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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