Tutzing:Chemie im Boden gefährdet Wasser

Die Belastung auf einem Grundstück in Unterzeismehring liegt über den Grenzwerten

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Altlasten in der ehemaligen Kiesgrube an der Staudenmoosstraße in Unterzeismering werden die Gemeinde Tutzing wohl noch mehrere Jahre beschäftigen. Darauf deutet der umwelttechnische Bericht des Starnberger Ingenieurbüros BGU von Thomas Schott und Johannes Straub hin, der im Umweltausschuss des Gemeinderats vorgestellt wurde. Das Gelände südlich und östlich der Staudenmoosstraße ist seit dem 19. Jahrhundert als Kiesgrube genutzt und bis 1965 als großflächige Deponie verfüllt worden, unter anderem mit chemischen Abfällen, Hausmüll, Bitumen und Bauschutt.

Bei Untersuchungen im Jahr 2006 im Vorfeld einer Bebauung mit Reihenhäusern stellte sich heraus, dass der Untergrund mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) verunreinigt ist. Darüber, wie hoch das Grundwassers nach jüngsten Messungen jetzt noch an einigen Stellen belastet ist, wollte die Gemeinde auch nach mehreren Nachfragen ebenso wenig Auskunft geben wie über die schlichte Frage nach der Größe des Grundstücks.

"Wir geben grundsätzlich keine Werte preis", beschied Vize-Bürgermeisterin Elisabeth Dörrenberg. Bürger würden ihrer Ansicht nach konkrete Aussagen leicht falsch interpretieren. Es gehe in Unterzeismering nur um "geringfügige Überschreitungen". Die Aufsichtsbehörden, das Landratsamt in Starnberg und das Wasserwirtschaftsamt in Weilheim, sprechen hingegen von "deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte" von zehn Mikrogramm pro Liter im Grundwasser.

Häuser auf ehemaligem Kiesgrubengelände

Die Untersuchungen des verunreinigten Bodens in der ehemaligen Kiesgrube an der Staudenmoosstraße dauern an.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

In einem Bereich des 6500 Quadratmeter großen Gebietes sind fast 40 Mikrogramm pro Liter gemessen worden, weshalb man von "erheblicher Belastung" spreche, teilte das Wasserwirtschaftsamt mit. In Unterzeismering handele es sich um einen "Altlasten-Klassiker". Lösungsmittel, Hausmüll und faserige Rückstände seien früher vielfach sorglos vergraben worden. Eine Gefahr für das Trinkwasser besteht laut Behörde nicht. Wie die Gemeinde die Sanierung handhabt, ist für das Wasserwirtschaftsamt "in Ordnung".

Im Umweltausschuss hatte Imme-Susanne Thüring vom Tutzinger Umweltamt ausgeführt, dass 2008 ein "Hotspot", eine Stelle mit einer Belastung jenseits des Grenzwerts, saniert wurde. Betroffen war nach SZ-Recherchen das Anwesen Staudenmoosstraße 5 von Anton und Gisela Schaller. Sie hatten das Haus damals gerade gekauft und waren mitten im Umbau. "Aus zehn Meter Tiefe wurde unter anderem ein fast verrottetes Fass, wohl mit chemischen Reinigungsmitteln, geholt", erinnert sich der Eigentümer. Der Boden sei ausgetauscht worden. "Wir hatten schriftlich, dass die Gemeinde verantwortlich ist und die Kosten trägt. Alles wurde gereinigt. Damit ist das für mich erledigt", sagt Anton Schaller.

Häuser auf ehemaligem Kiesgrubengelände

Ein Container für Messungen steht hinter dem Bauhof von Unterzeismering.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Laut Tutzinger Umweltamt ist die Belastung in diesem Bereich tatsächlich "deutlich zurückgegangen". Im nördlichen Teil des Areals nahe dem Bauhof in Unterzeismering, das mehrere private und gemeindeeigene Grundstücke umfasst, gab es aber noch Überschreitungen. Daher forderte das Landratsamt Starnberg 2013 eine Sanierungsuntersuchung. Bis man mit der loslegte, dauerte es bis Ende vergangenen Jahres, weitere Bohrungen wurden Anfang 2017 gemacht.

Der Bericht von Johannes Straub datiert vom 28. April. Imme-Susanne Thüring berichtete, deutliche Grenzwertüberschreitungen aus Rückständen chemischer Reinigung seien da; Mineralöle und Schwermetalle seien nicht gefunden worden. Es seien aber "Maßnahmen nötig zur Gefahrenabwehr". Der Grundwasserstrom Richtung Nordost müsse gereinigt werden. Das Problem sei, dass keine eindeutige Schadensquelle zu erkennen sei. Ein räumlich begrenzter Bodenaustausch wie 2008 komme daher nicht in Frage.

Häuser auf ehemaligem Kiesgrubengelände

Der Untergrund ist nach Untersuchungen von 2006 mit leichtflüchtigen halogenierten Kohlenwasserstoffen (LHKW) verunreinigt.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Empfohlen werde ein hydraulisches Pumpverfahren. Bei der "Pump and Treat-Maßnahme" wird das Wasser aus dem Untergrund solange hochgepumpt und gereinigt, bis begleitende Boden- und Grundwasseruntersuchungen zeigen, dass die Werte in Ordnung sind. Dazu erwartet die Gemeinde eine Stellungnahme des Landwirtschaftsamtes. Die Kosten veranschlagt die Verwaltung mit bis zu 120 000 Euro zusätzlich zu den bereits angefallenen über 200 000 Euro. Allerdings könne Tutzing einen Förderantrag bei der Gesellschaft zur Altlastensanierung stellen.

Im Ausschuss war man sich einig, dass "es keine andere Möglichkeit gibt, als das abzuarbeiten", wie Wolfgang von Behrens-Ramberg sagte. Dauern wird die Pump-Sache mindestens ein Jahr, könnte aber auch erheblich länger sein:. "Andernorts waren es bis zu zehn Jahre", sagte Imme-Susanne Thüring. Die Gemeinde wollte schon längst Flurstücke als Bauland verkaufen.

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