Tutzing:Bellini im Park

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Weit mehr als 1000 Besucher kommen zum Tag des offenen Denkmals in den Schlosspark - und frönen dort den unterschiedlichsten Genüssen

Von Manuela Warkocz, Tutzing

Martina Wiegand und Dorothee Russler gehen den Tag des offenen Denkmals am Sonntag generalstabsmäßig an. "Erst die Finanzhochschule in Herrsching, dann zum Picknick im Park in die Akademie", schildert die Gautingerin Wiegand das Programm, während sie vor dem Tutzinger Schloss auf einer Decke direkt am See Bellini in mitgebrachte Sektgläser einschenkt. Die ehemalige Mitarbeiterin der evangelischen Akademie Tutzing hat mit ihrer Münchner Freundin Campingstühle, Decke, Kartoffelsalat und Flammkuchen eigens in einen Leiterwagen gepackt. Eine kluge Transportidee. Denn die Damen marschieren vom südlichen Tutzinger Ortsende bis zum Schloss ins Zentrum. Schon weit vor Öffnung des Parks um 13 Uhr sind sämtliche Parkplätze rundherum dicht. Fantastisches Spätsommerwetter lockt nicht nur viele Badegäste an den See, sondern 1300 Besucher zum charmanten "Picknick im Park". Diese Zahl übertrifft noch den Rekord vor vier Jahren, als etwa 1000 Gäste an Fronleichnam hereinspaziert waren.

Hausherr Udo Hahn freut sich über den großen Zuspruch und die entspannte Atmosphäre auf dem weitläufigen Parkideal, in dem es sich Paare und ganze Freundescliquen auf Picknickdecken, Liegestühlen und Terrassen am See gut gehen ließen. Dem Akademiedirektor ist daran gelegen, das Schloss nicht nur Tagungsteilnehmern, sondern immer wieder auch einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So trifft man etliche Gäste, die schon Bezug zur Akademie haben und den kostenlosen Eintritt nutzen, um etwa Freunden das gepflegte Schlossambiente vorzuführen. Wie Gisela und Eckehard Schmidt aus Grünwald. Sie sind im Freundeskreis der evangelischen Akademie in Grünwald aktiv und haben Renate Raab-Schlee und Christian Schlee zum Mitkommen eingeladen. "Einfach traumhaft", entfährt es Schlee, bevor mit elfenbeinfarbenem Besteck die Fleischpflanzlplatte auf dem Tischtuch in Angriff genommen wird.

Stilvoll genießen Carolin Schmitt (li.) und Helga Quauke ihr Picknick im Tutzinger Schlosspark. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Auch Tutzinger schauen gern in ihrem Schloss vorbei. Unter einem der weißen Pavillons mit weißen Biertischen verspeisen Gerda und Gunther Lang ihren selbst gebackenen Zwetschgendatschi - samt Sahne aus der Glasschale. Wie überhaupt Wert auf Stil gelegt wird: Man sieht Champagner in Kühlern, weiße Sommerkleider. Die Tutzingerin Helga Quauke, gut beschattet mit Strohhut, zaubert aus ihrem klassischen Picknickkorb neben Saibling auf Avocadocreme auch von Schinken ummantelten Feigen. "Das hat so was Britisches", schwärmt ihre Münchner Freundin Carolin Schmitt vor der Schlosskulisse.

Damit Löwenterrasse und Landschaftsgarten nach englischem Vorbild unter dem Ansturm nicht leiden, gibt es klare Direktiven, darunter, dass Hunde und Räder im 1. Hof zu "parken" seien. Dem Persönlichkeitsschutz dient dagegen das Verbot von Drohnen. "Ja, auch an solche rechtliche Grauzonen muss man heute denken", so Hahn. Als Vorsitzender der Stiftung des Schlosses Tutzing wirbt er bei den Besuchern für freiwillige Spenden. Schließlich ist am denkmalgeschützten Schloss immer etwas zu sanieren. Mit den Spenden, die mit der Verlosung einer Übernachtung im Schloss als Hauptpreis verbunden sind, sollen bemooste Steinfiguren im Park wieder blitzblank herausgeputzt werden.

Die Brunnenfigur ist gerade frisch hergerichtet worden. (Foto: Franz Xaver Fuchs)

Dass man sich in der weitläufigen Liegenschaft bemüht, alles in Schuss zu halten, können die Besucher bei den sehr gefragten 45-minütigen Führungen feststellen. Akademiedirektor Hahn und der Leiter der Öffentlichkeitsarbeit, Axel Schwanebeck, schleusen bei ihren Rundgängen teils mehr als 80 Interessierte durch Gartensaal, Schlosskapelle, die eleganten Salons in der Belle Etage und das moderne, architektonisch so gelungene Auditorium. Wer von der wechselhaften Geschichte des Schlosses - als Keimzelle Tutzings zurückreichend bis in vorgeschichtliche Zeit, dann erstmals erwähnt im 8. Jahrhundert, lange im Besitz der Grafen Vieregg, weiterverkauft an den schillernden Kunstsammler Marczell von Nemes und an die Industriellenfamilie Oetker - genug hat, erfrischt sich derweil beim Baden, tankt bei Kaffee und Kuchen auf oder lauscht der lokalen Band Back Porch auf der Schlossterrasse.

© SZ vom 12.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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