Das Volksfest in Tutzing:Auf und nieder

Tutzing Volksfest, Guttenberg

Karl Theodor zu Guttenberg, das blaublütige vormalige CSU-Zugpferd, füllte 2010 das Tutzinger Festzelt.

(Foto: Treybal)

Das Tutzinger Volksfest fällt samt Polit-Abenden heuer aus. 2017 will die JM in größerem Rahmen eine Neuauflage wagen

Das Volksfest ist tot. Es lebe das Volksfest. So lässt sich der aktuelle Stand um das Tutzinger Volksfest - das letzte überhaupt im Landkreis - zusammenfassen. Fakt ist, dass es diesen Sommer nach Jahrzehnten zum ersten Mal kein Volksfest in der Seegemeinde und damit auch keine Polit-Prominenz im Bierzelt geben wird. Allerdings will man 2017 eine Neuauflage wagen. Dann feiert Tutzing sein 1275-jähriges Bestehen und die Fischerhochzeit. Ob das kleine Volksfest freilich dauerhaft überlebt ist fraglich. Die Organisatoren, die Junge Menschen (JM) Tutzing, beklagen immensen Aufwand, Auflagen und Risiken. Zuletzt sprang die Gemeinde für ein Defizit von 2500 Euro ein.

Die Mischung von Unterhaltung und Politik machte das Tutzinger Volksfest lange zum Besucher-Magneten. JM-Gründer Hubert Hupfauf hatte dazu vor mehr als 30 Jahren die Idee. Die Akademien mit 1a- Kontakten und gut vernetzte Bürger ermöglichten es, hochrangige Politiker ins Festzelt zu holen: 2003 gab Altkanzler Helmut Kohl (CDU) ein Gastspiel, die Fans überrannten fast das Zelt. 2010 erschien Bundesminister Karl Theodor zu Guttenberg. Das blaublütige vormalige CSU-Zugpferd erntete Beifallsstürme. Markus Söder (CSU) gab schon mehrfach seine Visitenkarte ab, für die SPD Christian Ude und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, für die Grünen stiegen Kabarettist Urban Priol und Hans Well auf die Bühne. Und stets durfte das Bierzelt auf der Lindlwiese als FDP-Hochburg angesehen werden: Hans-Dietrich Genscher und Guido Westerwelle hielten dort Hof, der letztgenannte knackte 2009 als Parteichef sogar den Publikumsrekord - 1500 Zuhörer kamen. Jenseits der Polit-Abende hatte die Jugend ihre Gaudi bei der Wahl zu "Miss und Mister Tutzing", lockten Modenschau und Zeltflohmarkt, Seniorennachmittag und historische Fahrgeschäfte ganz unterschiedliche Besuchergruppen an.

Aber das Interesse hat nachgelassen. Schausteller rund ums Festzelt auf der Lindlwiese beklagten 2015 schlechte Geschäfte. Zum Auftakt mit der Band The Mercuries zählte die JM bei ihrer eigenen Veranstaltung nur 162 zahlende Gäste im 800-Mann-Zelt. Die Folge: ein kräftiges Defizit. Insofern unerquicklich, als 35 JM-Mitglieder tagelang schufteten, um die Infrastruktur für das Volksfest zu errichten. JM-Gesamtvorstand Thomas Kaiser sieht die Motivation der Ehrenamtlichen auch durch immer weiter verschärfte Auflagen gebremst. "Feuerpolizeilich und von der Security her wird immer mehr gefordert", stöhnt er. Statt wie früher fünf gestandene Mitglieder zu postieren, müsse man heute einen externen Dienst für mehrere hundert Euro am Abend engagieren. Anlieger reagierten immer sensibler. Die JM habe extra ein Lärmmessgerät angeschafft, um Konventionalstrafen zu entgehen. Dazu komme, dass junge Leute an Sommerwochenenden zwischen zahlreichen Festen auswählen könnten. Und wer komme, "der trinkt ja heute nichts mehr" spielt der 50-Jährige auf den sinkenden Bierkonsum an. Dazu seien Unstimmigkeiten mit dem Wirt gekommen. Wenn dann am Ende wie 2015 nur 357 Euro Gewinn für die JM blieben, sei das frustrierend. Ludwig Horn, neu gewählter Vorstand des JM-Ortsvereins Tutzing, beabsichtigt daher dieses Jahr nur ein Jugendfest, eventuell mit Bandwettbewerb, im Kustermannpark.

Die Tutzinger CSU-Kreisvorsitzende Stefanie von Winning bedauert zwar die Absage, hat aber noch keinen Redner angefragt und durchaus Verständnis für eine Pause. Grünen-Kreisvorsitzender Bernd Pfitzner sieht den Besucherrückgang am Volksfest darin begründet, "dass doch schon kleine Kinder drüber lächeln, die Oktoberfest und Freizeitparks kennen". Auch Bürgermeister Rudolf Krug setzt deshalb 2017 auf ein größeres Zelt mit hochkarätigem Programm und vermutlich einem neuen Wirt. Wo das Volksfest steigen soll - etwa nahe dem Südbad - müsse noch eruiert werden. "Aber jetzt mal Luft holen, zumal kein großes Vereinsjubiläum ansteht, tut allen gut", ist der Rathauschef sicher.

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