Treffpunkt im Grünen:Im Garten wächst die Freundschaft

Hermann Will und seine Frau Susanne Polewsky bewirtschaften eine Fläche am Rand von Allmannshausen nach dem Allmende-Prinzip.

Von Sabine Bader, Allmannshausen

Allmannshausen Garten ALlm

Hermann Will und Susanne Polewsky in ihrem Allmende-Garten in Allmannshausen. Dort gedeihen auch Blumen und Kräuter.

(Foto: Georgine Treybal)

Man muss ihn schon kennen, um ihn zu finden: den Garten in Allmannshausen, der nach dem Allmende-Prinzip gemeinsam bewirtschaftet wird. Bartnelken gibt es hier, Johanniskraut wächst, Herbstzeitlose und alle möglichen Kräuter wie Estragon und Salbei. Auch Kartoffeln gedeihen im Erdreich. Johannisbeer- und Stachelbeerstauden stehen ebenso da wie die wild ausgesäte Himbeeren. Und nicht zu vergessen der Schatzlapfel. "Früher wurde der Baum nach seinem Besitzer benannt", erklärt Hermann Will den sonderbaren Namen.

Mit ihm und seiner Frau Susanne Polewsky den verborgenen Garten am Ende des Bismarckwegs zu besuchen, kommt einer kleinen Entdeckungsreise gleich. Die Fläche ist bewusst kein fein säuberlich angelegter Nutz - und Ziergarten. Sie ist ein bisschen wild. Und das soll sie auch sein. Eben ganz anders, als in den meisten Privatgärten. Und auch anders, als bei den Sonnenäckern. Denn da werden den Hobbygärtnern Flächen zugewiesen, die sie bewirtschaften. In Allmannshausen hingegen sind die Beete nicht aufgeteilt. Jeder arbeitet, wo er gerade will.

Das Allmende-Prinzip ist Susanne Polewsky sehr wichtig. Ihr und ihrem Mann geht es nicht unbedingt um den Ertrag, sondern um die Gemeinschaft. Ihnen ist bewusst, dass in der begüterten Ostufergemeinde Berg so ziemlich jeder einen eigenen Garten besitzt, in dem er nach Herzenslust anbauen kann, was ihm in den Sinn kommt. Es geht den Beiden darum, die Leute beim Garteln zusammenzubringen. Hier treffen sie sich, plaudern, sitzen auf der kleinen Gartenbank oder machen Picknick und verteilen den daheim gemachten Kaffee an die Nachbarn. "Ich glaube, ich habe in den vergangenen Jahren mehr Kaffee gekocht als umgegraben", sagt Susanne Polewsky und gesteht, dass das Garteln bei ihr erst an zweiter Stelle kommt. "Es mangelte uns in Allmannshausen seit Jahren an einem Treffpunkt," sagt ihr Mann. "Früher gab es im Ort mehrere Wirtschaften und Cafés, wo die Leute sich treffen," weiß der 71-Jährige. Davon ist heute keine übrig geblieben. Da waren neue Ideen gefragt.

Und die fanden schnell Freunde. 40 Interessenten hat Susanne Polewsky in ihrem Mailverteiler, davon kommen 15 regelmäßig. Vor Jahren entdeckten die Allmannshauser Gartenfreunde im angrenzenden Wäldchen einen alten Natursteinbrunnen. "Es war ein Zufallsfund", sagt Hermann Will. Acht oder neun Meter ist der Brunnen tief und für die Gartler ein Segen, denn zuvor war das Gießen der jungen Pflanzen beschwerlicher. Anders als bei Ziergärten am Haus, werden Kräuter und Gemüsepflanzen im Allmende-Garten nur so lange gegossen, bis sie gut wurzeln.

Von dem 1,2 Hektar großen Gelände nutzen die Gartler 300 Quadratmeter als Anbaufläche. Auf dem größeren Teil der Fläche steht ein kleines Wäldchen, dort gibt es auch einen Bolzplatz mit Fußballtoren und einen weitläufigen Spielplatz, wo sich die Mütter mit kleinen Kindern ebenso tummeln, wie jugendliche Nachwuchskicker.

Das Gelände gehörte Hanns Johst (Infokasten). Seine heute 98-jährige Tochter, die nicht in Berg lebt, hat der Gemeinde das Grundstück 1979 unentgeltlich überlassen. Der Vertrag wurde mehrfach geändert, 2014 wurde er um weitere 30 Jahre verlängert. Als Nutzungsziel ist darin festgeschrieben, dass das Gelände den Bürgern von Allmannshausen zur Verfügung gestellt wird. Regelmäßig nutzt die örtliche Feuerwehr das Grundstück, laut Bergs Bürgermeister Rupert Monn, für ihre Feste. Zumal es hier seit 2014 auch einen Stromanschluss gibt. Der Spielplatz ist ebenfalls beliebt bei den Allmannshauser Kindern; nicht nur wegen der Spielgeräte, sondern auch wegen seiner Weitläufigkeit. Und ihren Eltern ist es sicher auch recht, wenn sich die Kleinen gerade dort austoben. Das Grundstück liegt am Ende der kleinen Anwohnerstraße, sodass es hier so gut wie keinen Autoverkehr gibt. Das frühere Wohnhaus Johsts liegt ein paar Straßen entfernt im Ort. Es ist inzwischen verkauft.

Die Naturliebe von Herrmann Will und dessen Frau kennen die Berger nicht nur vom Allmende-Garten. Bereits 2011 begannen Will und einige Mitstreiter, in der Gemeinde Bäume zu pflanzen. In Sichtweite des Allmende-Gartens stehen heute sieben von ihnen, in Farchach gibt es einen und in Bachhausen sind es drei: eine Kirsche, ein Apfelbaum und ein Birnbaum. "Es sind alles alte Sorten", erzählt Will.

Er und seine Frau Susanne Polewsky haben auch das Projekt "Berg summt und brummt" ins Leben gerufen, mit dem sie dem Bienensterben entgegenwirken wollen. Gemeinsam mit Sandra Pawelka und der Imkerin Katrin Stefferl wollen sie Gartenbesitzer, Landwirte, Vereine und die Gemeinde animieren, Wildblumen und anderen blühenden Pflanzen auf ihren Grundstücken anzusiedeln, um Bienen, Hummeln und Schmetterlingen als Nahrungsquelle zu dienen. Dabei suchen die Initiatoren nicht die Konfrontation mit den Grundeignern, sondern die Zusammenarbeit und bieten ihnen Unterstützung an.

Zurück im Allmende-Garten: Hier schließt sich der Kreis. Denn in der Gemeinschaftsanlage bleibt Abgeblühtes ebenso stehen wie Beikräuter. Es wird auch kein Dünger verwendet. "Wir Arbeiten nach den Regeln des Bio-Anbaus", sagen die Eheleute. So können auch Insekten und Vögel ausreichend Nahrung finden.

Informationen unter der Nummer 08151/9797-57 oder per Mail an polewsky@wup.info

Hanns Johst

Zu den Nazi-Größen die sich im Fünfseenland niederließen, zählte auch Hanns Johst. Er war Präsident der Reichsschrifttumskammer und besaß in Allmannshausen eine Villa und mehrere Grundstücke. Als oberster Literaturfunktionär war er für die "Verbreitung und Vermittlung des Kulturguts Buch" zuständig und für die Verfolgung von Schriftstellern, die den Nazis nicht genehm waren.

Johst schrieb auch selbst: Sein Schauspiel "Schlageter", ein aggressiv antifranzösisches Stück über die Ruhrgebietsbesetzung, hatte er Adolf Hitler gewidmet. Es wurde 1933 an dessen Geburtstag in Berlin uraufgeführt. Johst war auch ein inniger Freund Heinrich Himmlers, der ihn mehrfach privat in Allmannshausen zum Federballspielen und Angeln besuchte.

Nach dem Krieg versuchte Johst, seine Rolle im Dritten Reich zu vertuschen. Er wurde von den Amerikanern im Mai 1945 verhaftet. Drei Jahre später war er wieder auf freiem Fuß. Im Entnazifizierungsverfahren wurde er als Mitläufer zu einer Geldbuße von 500 Mark verurteilt. SZ

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