Treffen an der Gedenkstätte:Der Held von Königswiesen

Vor genau 50 Jahren stürzt im Wald südlich von Gauting ein Starfighter ab. Der Pilot Ferdinand Eckert opfert sein Leben und kann eine größere Katastrophe verhindern. Werner Limmer ist als einer der ersten an der Unglücksstelle.

Von Otto Fritscher, Königswiesen

Werner Limmer ist mit seiner Ehefrau Elfriede gekommen, auch Dackel Molli ist dabei. Aber es ist kein normaler Spaziergang im schon von zartem Frühlingsgrün erhellten Wald, der sie hierher geführt hat, mitten in den Königswieser Forst. "Heute genau vor 50 Jahren war ich hier, als das Unglück passiert ist", sagt Limmer. Und der mittlerweile 83-Jährige hat diesen Tag, den 17. April 1968, nie ganz vergessen können. Den Tag, als ein Starfighter der Bundeswehr genau an dieser Stelle in der Nähe der St.-Ulrichs-Kapelle abgestürzt ist.

An diesem Dienstagnachmittag sind Limmer die Erinnerungen wieder besonders präsent, es findet eine Gedenkfeier für den Piloten Ferdinand Eckert statt, der den Kampfjet nach den Berichten von Augenzeugen noch irgendwie an Gauting vorbei gesteuert und im Wald zum Absturz gebracht hat. "Ein tapferer Mann, der so eine Katastrophe für Gauting und das Würmtal verhindert hat", ist Limmer überzeugt.

Limmer war damals 33 Jahre jung, Polizist in Gauting. Am Unglücksnachmittag war er aber nicht im Dienst. "Ich hab' nachmittags in meinem Schrebergarten zwischen Gauting und Stockdorf gearbeitet, als ich zwei dumpfe Schläge gehört habe. Ich hab' sofort gewusst, dass das nicht der normale Knall ist, mit dem die Starfighter die Schallmauer durchbrochen haben, und dass was Größeres passiert sein muss", erinnert sich Limmer im Gespräch mit der SZ. Als dann die Feuerwehren bis aus Gräfelfing angerückt kamen, fuhr Limmer zur Polizeiinspektion, in der damals zwei Beamte Dienst hatten. "Ein Starfighter sei abgestürzt, sagte mein Chef - und wir machten uns mit Privatautos und in Zivilkleidung unmittelbar auf den Weg zur Absturzstelle, die man über Waldwege erreichen konnte." Überall waren Feuerwehren, die kleine Flächenbrände löschen mussten, es gab an der Absturzstelle einen Krater im Wald, und die Teile des Starfighters lagen in weitem Umkreis verstreut herum. "Wir haben für Ordnung gesorgt, Flugzeugteile eingesammelt und aufbewahrt für die Untersuchung durch die Bundeswehr", berichtet Limmer. Gut 30 Schaulustige seien zur Unfallstelle gekommen, sie hätten die Arbeiten aber nicht behindert.

Gedenken an Starfighterpiloten; Gedenkfeier für toten Piloten

Werner und Elfriede Limmer an der Gedenkstätte für Ferdinand Eckert, der mit seinem Starfighter im Wald bei Königswiesen abgestürzt ist.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

An der Holzschleif, auf der anderen Seite der Staatsstraße, die durch das Würmtal führt, sei der Helm des Piloten gefunden worden. Von dem damals 27-jährigen Hauptmann selbst, der zum Jagdbombergeschwader 32 in Lager Lechfeld gehörte, sei keine Spur zu finden gewesen. Man weiß nur, dass der Jet auf einem Erprobungsflug mit einem neu eingebauten Triebwerk war, aus Richtung Augsburg kam, und in elf Kilometern Höhe mit etwa 2000 Kilometern pro Stunde unterwegs war, bevor er aus unbekannter Ursache abstürzte. "Das ganze Flugzeug, alles war in 1000 Fetzen zerrissen", sagt Limmer - und stockt beim Erzählen sichtlich bewegt. Etwa zwei Stunden lang sei er an der Absturzstelle gewesen. "Da habe ich meine Arbeit gemacht, wir hatten keine Zeit zum Nachdenken. Erst hinterher habe ich realisiert, dass der Pilot sein Leben geopfert hat." Und heute? "Das berührt mich heute mehr als damals", sagt Limmer. Auch sein Sohn Stephan hat sich mit dem Starfighter-Absturz intensiv befasst. Er arbeitete bei der Münchner Berufsfeuerwehr, ist aber auch bei der Wehr in Gauting aktiv. Vor etwa fünf Jahren hat er mit der Jugendfeuerwehr den Absturz erforscht, mit Zeitzeugen gesprochen, auch mit der Witwe des Piloten, die in Landsberg lebt, - und ein 125-seitiges Büchlein herausgegeben. Die Limmers kümmern sich seit fünf Jahren auch um die Gedenkstätte, die Wolfgang Christenn eingerichtet hatte. Zunächst erinnerte ein Holzkreuz am Einschlagtrichter an das Unglück, mittlerweile ist es ein Eisenkreuz, mit einem Bild des Piloten.

Am Dienstag kamen Vertreter der Gemeinde, der Bundeswehr und der Traditionsgemeinschaft des Jabo-Geschwaders 32. Oberst Frank Schlösser, Kommandeur der IT-Schule der Bundeswehr in Feldafing und Standortältester im Landkreis, stieß durch Zufall auf die Gedenkstätte, beim Wandern, wie er sagt. Keiner seiner Kameraden habe etwas von dem Absturz gewusst, "und dann haben wir angefangen zu recherchieren." Der Pilot könne als Vorbild für alle Soldaten dienen. Bürgermeisterin Brigitte Kössinger betont, wie wichtig "das Erinnern" sei.

Gedenken an Starfighterpiloten; Gedenkfeier für toten Piloten

Der Flugschein von Ferdinand Eckert hat den Absturz überdauert, vom Piloten fehlt indes jede Spur.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

"An Tagen wie heute kommt mir die ganze Tragik wieder hoch", sagt Werner Limmer. Bedächtig macht er sich wieder auf Heimweg durch den Königswieser Forst. Zurückbleiben drei Kränze, von der Gemeinde, der Traditionsgemeinschaft und der Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen.

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